NÄCHTLICHES TELEFONGESPRÄCH

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Міністерство освіти та науки України

Департамент освіти та науки, молоді та спорту

Хмельницької обласної державної адміністрації

Хмельницький обласний інститут післядипломної педагогічної освіти

Відділ освіти, молоді, спорту, культури

Виконавчого комітету

Старосинявської селищної ради

Освіта на шляхах реформування

 

 

 

 

 

Укладач:

Безсмертна Катерина Іванівна,

вчитель німецької мови Лисанівського навчально-виховного комплексу «Загальноосвітня школа І-ІІ ступенів, дошкільний навчальний заклад»

 

 

 

 

Паньківці

2016

Схвалено на засіданні методичної ради відділу освіти, молоді та спорту Старосинявської районної державної адміністрації.

Протокол №1 від 19.02.2017 р.

 

 

Укладачі: Безсмертна Катерина Іванівна – вчитель німецької мови Лисанівського навчально-виховного комплексу «загальноосвітня школа І-ІІ ступенів, дошкільний навчальний заклад».

 

 

Рецензенти: Дацюк Лариса Володимирівна – завідуюча районним методичним кабінетом, методист іноземних мов.

 

 

У посібнику зібрані цікаві історії, основа яких – ознайомлення учнів із фразеологізмами німецької мови.

Посібник можна використовувати як книгу для позакласного читання, а також для використання на уроках німецької мови (як додатковий матеріал лексичного змісту).

Матеріал посібника спрямований на формування в учнів 9-11 класів знань та здатності користуватися фразеологічними ресурсами німецької мови.

Призначено для вчителів німецької мови та учнів 9-11класів.

 

 

 

 

 

 

 

Inhalt

VORWORT……………………………………………………………………….5

VORGESCHICHTE……………………………………………………………..6

NÄCHTLICHES TELEFONGESPRÄCH……………………………………….6

OXANA NOWIKOWA НAТ EIN STECKENPFERD………………………….7

ERSTER TAG……………………………………………………………………8

ERSTE BEKANNTSCHAFT MIT KYJIW……………………………………..8

OXANA, PAß AUF!...........................................................................................8

ICH STELLE VOR — HERTA UND KURT……………………………………..9

EIN TREFFEN ZU FÜNFT……………………………………………………….9

TAUSEND DEUTSCHE REDEWENDUNGEN……………………………….11

NEHMEN SIE PLATZ!....................................................................................12

DER APPETIT KOMMT BEIM ESSEN……………………………………….13

EIN BUCH MIT SIEBEN SIEGELN……………………………………………14

SIND SIE IM BILDE?.......................................................................................16

CHRESCHTSCHATYK AUF UND AB………………………………………..16

HALS- UND BEINBRUCH!.............................................................................17

BRECHEN SIE FÜR MICH EINE LANZE!......................................................18

EIN PLAN WIRD AUSGEARBEITET…………………………………………..20

WAS FÜHREN SIE IM SCHILDE?....................................................................22

MÖCHTEN SIE IM SCHLARAFFENLAND LEBEN?......................................22

WIE HOCH SIND IHRE FORDERUNGEN?.....................................................23

ZWEITER TAG…………………………………………………………………24

KREUZ UND QUER DURCH KYJIW…………………………………………24

WIRD OXANA IHREN MANN STEHEN?.........................................................25

1.Episode: WENN MAN ABSCHIED NIMMT.................................................25

2. Episode: UNTER ALLER KANONE …………………………………………26

3. Episode: WAS MACHT EINEN TIEFEN EINDRUCK?.............................27

4. Episode: WEM WILL OXANA EINEN BÄREN AUFBINDEN?....................29

5. Episode: MAN SOLL DAS KIND NICHT MIT DEM BADE AUSSCHÜTTEN…………………………………………………………………30

DARAUF KANNST DU GIFT NEHMEN!.......................................................32

DIE  ERSTE OXANA-STUNDE………………………………………………..33

DRITTER TAG…………………………………………………………………39

KYJIWER BAUTEN UND KYJIW  IM BAU…………………………………39

EIN MENSCH DARF NICHT VON GESTERN SEIN………………………….40

IN ERSTER LINIE……………………………………………………………….40

WAS IST LOS?...................................................................................................41

DIE  ZWEITE OXANA-STUNDE……………………………………………….42

VIERTER TAG………………………………………………………………….46

ARBEIT BRINGT FREUDE…………………………………………………….46

DARF MAN AUS DER SCHULE PLAUDERN?............................................47

DIE  DRITTE OXANA-STUNDE………………………………………………48

FÜNFTER TAG…………………………………………………………………56

KUYIW TREIBT SPORT………………………………………………………..56

1.Episode: UNTER FREIEM HIMMEL………………………………………..56

2. Episode: OXANA BEKUNDET INTERESSE FÜR DAS SCHACHSPIEL…………………………………………………………………57

REDEWENDUNGEN……………………………………………………………59

LITERATURVERZEICHNIS…………………………………………………70

 

 

ВСТУП

Розвиток комунікативних умінь та навичок неможливий без оволодіння основами такої лінгвістичної дисципліни як фразеологія. Адже фразеологізми увиразнюють мовлення, роблять його багатшим, яскравішим, невимушеним і легким.

У результаті активного залучення фразеологізмів до процесу вдосконалення мовлення учні зможуть:

- значно збагатити свій активний фразеологічний запас;

- безпомилково розрізняти фразеологізми в тексті, з’ясовувати зміст і мету використання стійких зворотів у творах;

- активно користуватися фразеологічним багатством німецької мови, доречно вживати фразеологічні одиниці й грамотно будувати з ними речення різних конструкцій;

- відчувати смислові відтінки у фразеологічних варіаціях;

- відзначати емоційно-виражальні переваги фразеологізмів порівняно з вільними сполученнями слів та іншими мовними одиницями.

Насправді, як показує практика, через відсутність реальної комунікації на заняттях навіть учні із досить високим рівнем теоретичних знань відчувають труднощі у вираженні своїх думок. Отже, більш продуктивне засвоєння фразеологічного матеріалу доцільно проводити в навчально-мовленнєвих ситуаціях.

Особливу роль на цьому етапі відіграють вправи-приклади  та різного виду текстові завдання.

У посібнику представлені різноманітні текстові завдання-приклади, які розділені за темами та розділами. В них описані приклади використання фразеологічних одиниць та їх тлумачення.

 

 

 

 

Vorgeschichte

NÄCHTLICHES TELEFONGESPRÄCH

Wenn man mit einer interessanten Arbeit beschäftigt ist, merkt man nicht, wie die Zeit vergeht. Aber einmal macht man dann doch eine Pause und schaut auf die Uhr. So ging es auch mir an jenem Abend. „Wie spät ist´s denn eigentlich?“ dachte ich und sah: zehn Minuten vor zwölf – bald Mitternacht! Es ist hohe Zeit[1], zu Bett zu gehen oder, wie es auch heißt[2], sich in die Federn zu machen[3]. Aber da klingelt plötzlich das Telefon.

Ich nehme den Höher auf. „Hallo?“

„Hier Petrenko. Entschuldigen Sie bitte, dass ich so spät anrufe. Es ist eine wichtige Sache. Heute sind zwei Deutsche aus Berlin zu uns gekommen. Filmleute. Eine Regisseurin und ein Kameramann. Sie wollen hier einen Dokumentarfilm drehen[4]: „Sieben Tage in Kyjiw“. Da brauchen wir für sie einen guten Dolmetscher. Kennen Sie vielleicht jemanden, der momentan frei ist und diese Arbeit übernehmen kann?»

Ich denke nach. Wer von meinen Bekannten könnte da in Frage kommen?[5] Wer? Ein paar Sekunden und — plötzlich fährt mir ein Gedanke durch den Kopf [6]: OxanaKyrylenko! Das ist die beste Kandidatur. Ohne Zweifel! Ich sage also: «Mykola Viktorowytsch, ich glaube, ich kann Ihnen behilflich sein. Ich habe jemanden im Auge[7], ein Mädchen, Oxana heißt sie.  Sie spricht gut deutsch. Ich weiß aber nicht, ob sie frei ist. Ich werde sie morgen anrufen.»

«Nein, nein, ich bitte Sie sehr, heute noch! Die Deutschen stehen hier, neben mir. Sie möchten es sofort wissen. Vielleiсht ist's möglich, die Sache gleich in Ordnung zu bringen?»

«Gut. Rufen Sie mich in fünf Minuten noch einmal an.»

Ich wähle also die Telefonnummer Oxanas, obwohl es schon fast zwölf Uhr nachts ist.

«Hallo, Oxana! Bist du noch nicht in den Federn?[8]»

«In den Federn?? Heißt das, noch nicht im Bett? Ja? Hurra, eine Redewendung, die ich noch nicht habe!»

«Sammelst du noch immer Redewendungen?»

«Aber natürlich. Ich habe heute die fünfhundertste registriert! Stellen Sie sich vor: die fünfhundertste!»

«Gratuliere! Und dein Ziel?»

«Tausend.»

«Ich kann dir dabei helfen, Oxana. Willst du eine sehr gute Praxis bei echten Deutschen haben, für eine Woche?»

«Praxis bei Deutschen? Ist das wirklich möglich?»

«Ja, wenn du freie Zeit hast.»

«Eine Woche bin ich bestimmt frei.»

Ich teilte das alles sofort Petrenko mit. Wir beschlossen, uns morgen früh im Zentrum der Stadt zu treffen. Petrenko sollte uns mit den Deutschen bekannt machen[9].

 

OXANA NOWIKOWA НAТ EIN STECKENPFERD[10]

Oxana ist 18 Jahre alt. Ebenso lange kenne ich sie. Kein Wunder deshalb[11], daß ich zu ihr «du» sage. Sie ist die Tochter eines alten Bekannten von mir, eines Dozenten. Er ist Philologe, Germanist. Oxanas Mutter, Veronika Iwaniwna, ist Lehrerin der deutschen Sprache in einer KyjiwerSschule. Es ist deshalb auch kein Wunder, daß das Töchterchen schon mit fünf Jahren ziemlich gut deutsch sprach.

Einmal sagte Oxana. «Sie wollen wissen, was ich werden möchte? Dolmetscherin  oder Lehrerin der deutschen Sprache. Zuerst möchte ich aber praktisch arbeiten.»

Damals erzählte mir Oxana auch von ihrem neuesten Steckenpferd: sie sammelt eifrig — Oxana macht immer alles sehr eifrig und genau — deutsche Redewendungen. Sie zeigte mir stolz ein dickes Heft mit Hunderten von Redewendungen. Ich prüfte Oxana und kostatierte, daß sie alle Redewendungen, die in das Heft eingetragen sind, gut kennt. Bravo, Oxana! Wird sie diese Wendungen aber auch immer richtig gebrauchen können? Das ist die große Frage!

 

Erster Tag

ERSTE BEKANNTSCHAFT MIT KYJIW

OXANA, PAß AUF!

Am Morgen, ein Viertel vor zehn, traf ich mich mit Oxana im Zentrum auf dem Platz der Unabhängigkeit. Oxana hatte ein hübsches blaues Jackenkleid an. Wir warteten zusammen ein paar Minuten auf Petrenko, der uns ja mit den Deutschen bekannt machen sollte.

«Hast du keine Angst, Oxana?» fragte ich.

«Angst? Kommt nicht in Frage![12]Wovor sollte ich denn Angst haben? Oder vor wem? Es ist überhaupt schwer, mir Angst zu machen[13].»

«Setz dich nur nicht aufs hohe Roß[14], Oxana!» erwiderte ich in ihrem Stil. Da wollte sie aber gleich wissen, woher diese Redewendung kommt. Ich mußte es erklären: «Die Feudalherren taten Kriegsdienste, sie dienten im Heer als Reiter. Hoch zu Roß schauten[14] sie stolz auf das gewöhnliche Fußvolk herab. Daher bedeutet diese Redewendung,auf etwas stolz sein‘ oder, wichtig tun[15]‘. Also paß auf, Oxana! Denk daran, von einem hohen Roß leicht herunterfallen kann!»

Da kam auch schon Petrenko. Ich machte ihn mit Oxana bekannt. Mykola Wiktorowytschfragte Oxana: «Können Sie deutsch sprechen?»

«Soso lala! Es geht![16]» antwortete Oxana lachend. «Ich denke, ich werde die Sache schon drehen.[17]»

Ich schaute Petrenko an. Er machte große Augen[18]. Er schien von Oxanas Worten nicht begeistert zu sein.

Schweigend gingen wir zu dritt ins Hotel, wo die Deutschen wohnten.

 

ICH STELLE VOR — HERTA UND KURT

 

Die beiden Deutschen, die nach Kyjiw gekommen waren, arbeiteten in der bekannten Filmgesellschaft DEFA. Herta Möller hatte vor zwei Jahren im Alter von 23 Jahren die Filmhochschule beendet. Bei dem Dokumentarfilm über Kyjiw sollte sie Regie führen[19]. Kurt Bruck, ein Kameramann, war ein Jahr älter als Herta und ihr alter guter Freund.

EIN TREFFEN ZU FÜNFT

Mit diesen zwei jungen Menschen machte uns nun Petrenko bekannt. Und da kam es gleich zu einem Zwischenfall[20]. Nadia hatte wohl bemerkt, daß sie mit ihren Redewendungen auf Petrenko keinen guten Eindruck gemacht hatte. Und doch wollte sie die Flinte nicht so schnell ins Korn werfen[21]; sie wollte auch im Gespräch mit den beiden Deutschen möglichst viele Redewendungen gebrauchen. Dabei geriet sie wieder in die Tinte[22].

Kaum hatte sie nämlich die Deutschen erblickt, als sie auch schon in schnellstem Tempo begann: «Also, liebe deutsche Freunde, ich freue mich sehr, daß ich etwas für Sie tun kann. Es wird schon alles in Butter sein[23].Unser Weizen wird blühen[24]. Wann nehmen wir die Sache in Angriff [25], damit sie so schnell wie möglich in Fluß kommt?[26]»

Eine Sekunde lang schauten wir einander fragend an. Dann begannen wir laut zu lachen. Nur Oxana lachte nicht, im Gegenteil, sie war sehr verwundert und sah ernst von einem zum anderen. «Was ist denn eigentlich los? Habe ich falsch gesprochen?»

«In dieser Situation — ja», meinte Kurt. «,In Angriff nehmen‘ und ,in Fluß kommen‘ sind Ausdrücke der Zeitungssprache, geschriebenes Deutsch, nicht gesprochenes. Hier wirken diese Wendungen komisch. Ja, das ist das richtige Wort.»

«Komisch?»

«Sehen Sie», fuhr Kurt fort. «Mit Redewendungen muß man sehr vorsichtig sein. Man darf nie verschiedene Bilder vermengen, z. B. ,Butter‘ und ,Weizen‘, oder ,Angriff‘ und ,Fluß‘. Das paßt nicht zueinander, verstehen Sie?»

«Ich glaube — ja.»

«Und noch etwas: ,Alles ist in Butter‘ können sie zu ihren Kameraden und Geschwistern sagen, das ist ein Ausdruck der Umgangssprache. Aber,Unser Weizen blüht‘ ist gehobener Stil; es klingt etwas pathetisch.»

«Noch eine Bemerkung, Oxana», sagte Herta freundlich. «Lieben Sie Suppe mit sehr, sehr viel Salz?»

«Ach so! Ich gebrauche Ihrer Ansicht nach zu viele Redewendungen?»

«Ja», meinte Kurt, «auch das. Kennen Sie nicht das alte Sprichwort: ,Allzu viel ist ungesund‘? Als wir Ihre vielen Redewendungen hörten, Oxana, da haben wir große Augen gemacht.»

Kaum hatte er dies gesagt, so rief Oxana: «Da hört aber die Gemütlichkeit auf[27]!Das schlägt dem Faß den Boden aus[28]! Sie kritisieren mich, dabei sprechen Sie ja selbst so! Schöne Sache!» Blitzschnell hatte sie ihr Notizbuch genommen und etwas aufgeschrieben. Und jetzt sagte sie stolz: «,GroßeAugen machen‘ — sich sehr wundern — das ist meine 502te deutsche Redewendung! Hurra!»

«Und wieviel Redewendungen wollen Sie sammeln?» fragte Herta.

«Tausend. Und wenn ich das erste Tausend gesammelt habe, dann beginne ich gleich das zweite Tausend. Und so weiter, bis ich alle deutschen Redewendungen kenne, ohne Ausnahme — alle durch die Bank[29].»

TAUSEND DEUTSCHE REDEWENDUNGEN

K u r t: Tausend!.. Oho, ich denke, das ist viel zu viel!

Oxana(notiert schnell): «Viel zu viel» — Дуже багато. 503! (Zu Kurt:) Sehen Sie, das ist heute schon Ihre zweite Redewendung. Sie sprechen also genau so, wie ich gern sprechen möchte.

K u r t: Fräulein Oxana, ich darf es, weil ich es kann. Es ist meine Muttersprache.

Oxana:Und ich will sie erlernen. Verstehen Sie das? Ich will genauso deutsch sprechen lernen, wie ein Deutscher spricht, und alle Deutschen durch die Bank[29]gebrauchen Redewendungen.

Petrenko: Ja, es ist wirklich sehr schön, viele Redensarten zu wissen, aber dieses Wissen ist zwecklos, wenn man sie nicht richtig gebrauchen lernt.

K u r t: Gerade hierin liegt die große Schwierigkeit.

H e r t a: Wir wollen Ihnen gern helfen, Oxana.

Oxana: Wirklich? Ich bin Ihnen sehr dankbar.

H e r t a: Sie werden also unsere Dolmetscherin sein?

Oxana: Ja. Das wird für mich die beste Schule sein. Ich bin im siebenten Himmel.

Petrenko: So, nun kann ich ruhig gehen. Ich habe alle Hände voll zu tun [30].

Oxana(notiert): Das heißt wohl «Ich habe sehr viel Arbeit»?

K u r t: Ja. (Ironisch): Nummer 504! Es bleiben nur noch 496!

H e r t a: Herr Petrenko, vielen Dank für Ihre Mühe.

Petrenko: Bitte sehr, keine Ursache [31].

Oxana(notiert): Keine Ursache — Немає за що!

K u r t: 505! Das wächst ja wie eine Lawine. So ein Tempo! Was schreiben Sie denn noch auf, Oxana?

Oxana: «Vielen Dank». Ich kenne auch Synonyme: «besten Dank» und «danke bestens», «danke schön» und «danke sehr». Ich bin der Ansicht, je mehr Synonyme man kennt, desto leichter ist es, in jedem einzelnen Fall den passendsten Ausdruck zu finden.

Petrenko fragte mich, ob ich noch bleiben wolle. Ich hatte aber ebenfalls keine Zeit und verabschiedete mich von Oxana und den deutschen Freunden.

Alles, was ich weiter berichten werde, habe ich später von Oxana, Petrenko und den zwei Deutschen erfahren.

 

NEHMEN SIE PLATZ 2![32]

Sie blieben also zu dritt im Hotelzimmer — Oxana, Herta und Kurt.

H e r t a: Liebe Oxana, nehmen Sie bitte Platz! Jetzt wollen wir uns ein wenig über unsere Aufgabe unterhalten. Wir, Kurt und ich, können zwar ein wenig Ukrainisch, aber...

K u r t: ... brauchen doch eine gute Dolmetscherin. Sie sprechen fließend[33] deutsch. Wir hoffen, Sie werden uns gute Hilfe leisten[34], Ach, sehen Sie, das ist wieder so eine Redewendung!

Oxana: Ich kenne sie schon lange. Was ist aber besser, «helfen», oder «Hilfe leisten»?

K u r t: Das ist schwer zu sagen. Man hört beides.[35] Ich glaube, das Einfachere ist immer das Bessere.

H e r t a: Sicher. Nun zur Sache! Sie sind also sieben Tage frei, Oxana?

Oxana:  Ja. Machen wir schon heute den Anfang[36]? Werden Sie mich mit Ihrem Plan bekannt machen?

H e r t a: Ja, aber zuerst werden wir frühstücken oder, wenn Ihnen der Ausdruck besser gefällt, das Frühstück einnehmen[37]. Das klingt freilich etwas offiziell. Kommen Sie mit uns in den Restaurant, Oxana. Bitte!

Oxana: Ich habe aber keinen Hunger.

K u r t: Kein Aber[38], bitte! Kommen Sie, und ich sage Ihnen ein schönes Sprichwort mit «aber».

Oxana: O, dann bin ich bereit, ein zweites Mal zu frühstücken oder «ein zweites Frühstück einzunehmen». So heißt es doch? Also, welches Sprichwort wollten Sie mir sagen?

K u r t: «Kein Mensch ist ohne Aber.»

Oxana: Aha! Das heißt ukrainisch so: «Немає людини без недоліків».

Unter solchen Gesprächen begaben sie sich zu dritt in den Speisesaal des Hotels.

 

DER APPETIT KOMMT BEIM ESSEN

Und nun sitzen sie in dem schönen, großen Saal und speisen.

Oxana:Hier ist es schön, und das Frühstück ist gut. Aber ich habe leider keinen Appetit.

K u r t: Der Appetit kommt beim Essen. Wissen Sie das?

Oxana:Ja. Das ist ja ein bekanntes Sprichwort. Kennen Sie übrigens auch Redewendungen mit «essen»?

K u r t: Ja, zum Beispiel «dem Essen zusprechen [39]». Wenn man Hunger hat, so spricht man dem Essen zu. Es gibt auch allerlei Redewendungen, die mit Speisen oder Lebensmitteln verbunden sind. Und da wir gerade beim Frühstücken sind und Eier essen ...

H e r t a: Oh, da kann ich gleich ein Beispiel anführen! Kurt, siehst du den jungen Mann dort am Nebentisch? Sieht er nicht aus wie aus dem Ei gepellt [40]?

K u r t: Oder geschält. Man sagt beides. Ja, so sieht er wirklich aus.

Oxana: Was heißt das? Ich habe gar nichts verstanden.

K u r t: Das hartgekochte Ei ist ganz weiß. Also — ?

Oxana: Ich verstehe immer noch nichts. Vielleicht habe ich ein Brett vor dem Kopf [41]?

H e r t a (lacht) Das glaube ich kaum. Manche Redewendungen sind wirklich nicht leicht zu verstehen. Wie aus dem Ei gepellt oder geschält sind Menschen, die außerordentlich sauber gewaschen und frisiert sind und in neuen, modernen Kleidern stecken. Wie Sie, Oxana.

K u r t: Jetzt ist das Mädchen ganz rot geworden.

Oxana(notiert): «Rot werden – червоніти! Auch das ist Phraseologie. Aber kehren wir zu den Eiern zurück!

K u r t: Sehen Sie die beiden Damen an dem Tisch dort in der Ecke, Die sehen sich gleich wie ein Ei dem andern[42]. Vielleicht ist es Zwillinge.

H e r t a: Genug mit den Eiern! Sonst werde ich im ganzen Leben keine mehr essen können. — Oxana, warum streichen sie sich keine Butter aufs Brot? Bitte, nehmen Sie!

Oxana: Damit alles in Butter [43]ist?

K u r t: Hilfe![44] Wieder eine Redewendung!

H e r t a: Jetzt werde ich bald auch keine Butter mehr essen können.

Oxana:Warum denn? Butter ist doch in der Phraseologie das Symbol von etwas Gutem.

K u r t: Im Leben ist es auch nichts Schlechtes. Ah, da kommt unser Kakao! Darf ich Ihnen einschenken, Oxana? Aber bitte, ohne Redewendung! Gut?

Oxana:Einverstanden, unter einer Bedingung: wenn Sie versprechen, mich mit meinen Redewendungen nicht mehr durch den Kakao zu ziehen[45].

 

EIN BUCH MIT SIEBEN SIEGELN[46]

Nach dem Frühstück gingen Herta, Oxana und Kurt in Hertas Hotelzimmer, um einige Fragen zu besprechen.

H e r t a: Liebe Oxana, die Sache ist so: Unser Film heißt «Sieben Tage in Kyjiw». Jeder «Tag» soll sieben kleine Episoden enthalten.

K u r t: Sieben mal sieben ist neunundvierzig. Neunundvierzig Episoden.

Oxana:Warum gerade sieben, und nicht sechs oder acht?

H e r t a: Wieviel Tage hat die Woche?

Oxana:Sieben. Das verstehe ich. Aber wozu brauchen Sie jeden Tag gerade sieben Episoden? Das ist für mich ein Buch mit sieben Siegeln.

K u r t: Sehen Sie, Oxana, sieben ist eben eine besondere Zahl. Sie spielt eine große Rolle in der Mythologie und in den Sprachen vieler Völker.

Oxana:Richtig, auch in der russischen Sprache ist es so. Da gibt es z. В. ein Sprichwort: «Семеро одного не чекають» - «Sieben warten nicht auf Einen». Und noch eins: «Сім раз відмір, а раз відріж!» — das heißt: «Sieben Mal miß — einmal schneide!» Und was gibt es im Deutschen?

Н e r t a: Wer will gute Kuchen backen,

der muß haben sieben Sachen ...

Oxana:Aсh, den alten Kinderreim habe ich auch einmal gelernt!

Н e r t a: Oxana, kennen Sie auch das Märchen vom taрferen Schneiderlein, das sieben Fliegen mit einem Sсhlag tötete?

Oxana:Вбив семеро одним ударом!Чудово!

Нerta: Чудово – Prima! Kenne ich schon. Und da sind noch die Märchen von den sieben Zwergen hinter den sieben Bergen und von den sieben Schläfern, die so lange schliefen, und von den Siebenmeilenstiefeln, mit denen man so schnell laufen kann.

Oxana:Im Ukrainischen gibt es das auch: йтисемимильнимикроками. Solche Stiefel zu haben, war der Traum der Menschheit, als es noch keine Autos und keine Flugzeuge gab. Der Ausdruck wird wohl jetzt nicht mehr gebraucht?

Н e r t a: O doch, aber meist im übertragenen Sinn[47].

Oxana:Wie schön, daß Sie mir alles erklären! Ich bin im siebenten Himmel!

К u r t: Sie gebrauchen diese Redewendung schon zum zweiten Мal. Wissen Sie denn auch, woher sie stammt? — Nicht? — Das ist orientalische Mythologie[48]. In verschiedenen Religionen bestand der Glaube an sieben Himmel. Der siebente, der höchste, bedeutete die Vollendung, die Seligkeit. Das war natürlich ein primitiver Glaube, eine naive Phantasie. Aber die Redewendung ist uns geblieben.

Н e r t a: Das ist ja alles sehr interessant. Aber ich denke, wir wollen uns jetzt nicht länger aufhalten, sondern einen kleinen Spaziergang durchs Zentrum machen.

SIND SIE IM BILDE[49]?

Oxana:Kennen Sie Kyjiw?

H e г t a: Ein wenig. Aus Zeitungen und Berichten von Freunden und Bekannten.

K u r t: Wir haben auch eine Karte von Kyjiw studiert, sind aber noch nicht ganz im Bilde.

Oxana:Danke — für das «Bild». «Ich bin im Bilde» — Nummer 506! Nochmals vielen Dank!

H e r t a: Keine Ursache. Sie helfen uns, und wir werden uns bemühen, Ihnen zu helfen.

K u r t: Herta, du mußt sagen: Wir werden uns alle Mühe geben[50], wir werdenalle Hebel in Bewegung setzen[51], um Ihnen behilflich zu sein[52].

Oxana:Sie meinen das wohl ironisch, Herr Bruck?

K u r t: Keine Spur[53], Fräulein Oxana!

H e r t a: Genug, Kinder, los! Wir sehen uns zuerst einmal Ihre Hauptgeschäftsstraße an — Chreschtschatyk. Aber wie gelangen wir dorthin?

Oxana:Auf Schusters Rappen[54].

K u r t: Wa-a-as? Das ist ja allerhand![55] Und wissen Sie auch, was der Ausdruck bedeutet?

Oxana:Zu Fuß. Aber warum eigentlich? Ein Rappen ist ein schwarzes Pferd, und ein Schuster ist dasselbe wie ein Schuhmacher. Wie soll man das verstehen?

Н e r t a: Schwarze Schuhe nennt man die «Rappen des Schusters».

Oxana:Ach so! Es ist also eine Metapher. Sehr interessant! Jetzt bin ich im Bilde.

 

CHRESCHTSCHATYK AUF UND AB[56]

Dieses Gespräch fand auf dem Platz der Unabhängigkeit statt. Herta und Kurt hatten ihre Kameras mitgenommen. Sie fotografierten alles, was ihnen gefiel. Oxana gab die nötigen Erklärungen. Sie gingen Chreschtschatyk hinauf.

Н e r t a: Lieber Kurt, ich sehe, Oxanas Deutsch verschlägt dir die Sprache[57].

К u r t: Herta, ich fühle, wir werden mit dem Mädchen noch unser blaues Wunder erleben[58].

Oxana(zu Herta): Herr Bruck lacht Tränen[59]. Warum? Habe ich etwas Dummes gesagt?

Н e r t a: Dummes? Nein, nein. Dumm ist das nicht, aber ...

Oxana:Was denn? Warum lacht er denn so?

H e r t a: Übersetzen Sie genau «Richten Sie Ihre Blicke...»!

Oxana:Спрямуйтесвоїпогляди!

Н e r t a: Sagt man ukrainisch so, im täglichen Leben?

Oxana:Nein, Sie haben recht. Der Stil ist zu gehoben. Es klingt wahrscheinlich komisch.

Н e r t a: Sie müssen mehr moderne deutsche Prosa lesen, Oxana.

 

HALS- UND BEINBRUCH![60]

Unsere Freunde besorgten sich Konzertkarten und gingen dann weiter, zu Fuß zum Bahnhof und zurück. Als sie ihr Hotel erreichten, war es schon Zeit, zu Mittag zu essen, und sie gingen in den Speisesaal. An den Tischen ringsum hatten sich mehrere Touristen aus der BRD niedergelassen, die ebenfalls im Hotel wohnten. Kein Wunder, daß man viel Deutsch zu hören bekam [61].Oxana wollte sich nichts entgehen lassen[62], saß still da und war ganz Ohr[63]. Sie bekam aber nur Fragmente von Gesprächen zu Gehör.

Kurt machte währenddessen einige Aufnahmen für eine Episode, die «Im Kyjiwer Hotel» heißen sollte. Herta hatte sich in Schweigen gehüllt[64].

Eben hatte am Nebentisch jemand laut: «Hals- und Beinbruch!» gerufen.

Oxana:So was! Aber so etwas! Kaum zu glauben!

Н e r t a: Was ist denn los, Oxana?

Oxana:Haben Sie denn nicht gehört? Da wünscht einer einem andern, daß er sich den Hals und die Beine brechen soll.

Н e r t a: Aber, Kind, im Gegenteil[65]!

Oxana:Was heißt «im Gegenteil»? Wünscht er ihm vielleicht etwas Gutes?

К u r t (hat alles gehört, kommt, setzt sich): Aber natürlich, Oxana. Das ist doch ein GIückwunsch. Wissen Sie das nicht?

Oxana:Schöner Glückwunsch! Нечегосказать! Wollen Sie mir vielleicht einen Bären aufbinden[66]?

K u r t: Nicht im geringsten[67].

Н e r t a: Hals- und Beinbruch wünscht man jemandem wenn man von ihm etwas Schlechtes abwenden will. Es ist ein Ausdruck der Flieger und früher wohl der Bergsteiger.

Oxana:Aha: «Ніпуху, ніпераimUkrainischen. Das kommt aus der Jägersprache. Aber das ist doch alles dummer Aberglaube!

Н e r t a: Sicher, wenn man an den Ursprung solcher Redewendungen denkt. Aber daran denkt jetzt keiner mehr.

К u r t: So ist es noch mit vielem in der Sprache. Vergessen wir doch nicht, daß die meisten Redewendungen in grauer Vorzeit entstanden sind.

Oxana:In grauer Vorzeit — vor vielen, vielen Jahren. Gibt es auch eine «graue Zukunft»?

Н e r t a: Ich denke, für uns nicht. Wir können ruhig in eine helle Zukunft blicken. Und darum — Hals- und Beinbruch!

 

BRECHEN SIE FÜR MICH EINE LANZE[68]!

 

Nach dem Mittagessen ruhten sich Kurt, Herta und Oxana ein wenig aus und plauderten. Worüber?

K u r t: Falsch gebrauchte Redewendungen, Oxana, wirken komisch. Da erinnere ich mich an eine lustige kleine Geschichte.

Oxana:Lustige Geschichten höre ich immer gern, ebenso wie Redewendungen. Ich bin ganz Ohr.

K u r t: In Berlin, am Bahnhof Friedrichstraße...

Oxana:Übrigens — sonst vergesse ich es — sagen Sie mir doch bitte, bitte, noch ein paar Ausdrücke mit «Ohr»!

H e r t a: Wer eine Fremdsprache lernt, muß ein feines Ohr für die Aussprache haben [69].

Oxana:Das heißt, er muß sie schnell und richtig erfassen, nicht wahr?

H e r t a: Ja. Er muß auch, wenn diese Sprache irgendwo gesprochen wird, die Ohren spitzen[70]und gut zuhören. Man kann auch «ein schlechtes» oder «ein taubes Ohr für etwas haben», d. h. etwas nicht verstehen wollen oder können. Jetzt aber Ruhe! Kurt, du hast das Wort.

Oxana:Ich verspreche, ich werde Ihnen nicht mehr ins Wort fallen[71].

K u r t: Gut, Oxana, ich werde Sie beim Wort nehmen[72]. Also, das war in Berlin, am Bahnhof. Da steht ein junges Mädchen mit einem Koffer. Sie wendet sich an einen Gepäckträger. Wie heißt das ukrainisch, Oxana?

Oxana:Носильщик. Sie haben mich gefragt, ich habe geantwortet. Ich bin Ihnen nicht ins Wort gefallen, nicht wahr? Ich habe mein Wort nicht gebrochen[73]. Oder doch?

K u r t: Oxana, Ihre Kunst, Redewendungen anzuwenden, ist fabelhaft. Na schön, also weiter im Text[74].

Oxana:Neu! (Notiert): «Weiter im Text!»

K u r t: Das Mädchen war eine Ukrainerin. Also, sie sagt zu dem Mann: «Herr Gepäckträger, brechen Sie bitte für mich eine Lanze!»

H e r t a (lacht): Wie komisch!

Oxana:Ich spreche auch so, ja?

K u r t: Manchmal. Aber hören Sie weiter! Der Mann macht große Augen und fragt: «Was soll ich brechen?»

Oxana:Eine Lanze! Ist denn das falsch? Das bedeutet doch: helfen oder Hilfe leisten[75], beistehen oder Beistand leisten[76], unterstützen oder Unterstützung angedeihen lassen[77]...

H e r t a (ist aufgesprungen): Nein, Kinder, das geht auf keine Kuhhaut!

Oxana:Das heißt: Це вже занадто? Sehen Sie, Sie sprechen ja selbst so!

H e r t a: Aber doch ohne Lanzen! Liebe Oxana, man muß doch gut verstehen, was man sagt. Hören Sie zu: Das war im Mittelalter. In der Schlacht oder beim Turnier suchten die Ritter ihre Gegner mit der Lanze zu treffen. Sie schonten ihre Lanzen nicht, selbst auf die Gefahr hin[78], daß sie zerbrachen. In der Umgangssprache wird diese Redewendung nicht gebraucht. Sie ist am Platz, wo es sich um einen Streit, eine Diskussion, ein öffentliches Auftreten handelt[79].

K u r t: Sprechen Sie möglichst einfach, Oxana, das ist immer das Beste. Klar?

 

EIN PLAN WIRD AUSGEARBEITET

 

H e r t a: So, jetzt machen wir unseren Plan für die Woche.

Oxana:Machen? Macht man einen Plan? Ich habe gelesen, daß man Pläne schmiedet[80].

K u r t: Pläne schmieden — ja, den Ausdruck findet man bei unseren Klassikern. Jetzt wird er selten gebraucht, und meistens nur im schlechten Sinn: feindselige, böse, heimliche Pläne schmieden. Manchmal gebraucht man ihn ironisch.

H e r t a: Zur Sache! Fräulein Oxana, wir wollen in unserem Film zeigen, wie Kyjiw im Sommer lebt.

Oxana:Wie es leibt und lebt. Das habe ich bei Heine gelesen. Kann man heute noch so sagen?

H e r t a: Ja. Man hört oft: «Berlin, wie es leibt und lebt».

Oxana:Берлінтакий, якийвінє. Klar.

H e r t a: Also, ich mache folgenden Vorschlag: 1. Tag, heute: «Erste Bekanntschaft mit Kyjiw». 2. Tag, Fortsetzung: «Kreuz und quer durch Kyjiw».

Oxana:Kreuz und quer[81] — Wortpaar, Phraseologie! Wunderbar! Angenommen! 3. Tag?

H e r t a: «Die schönsten Bauten der Stadt und die großen Bauarbeiten».

Oxana:Nennen wir das so: «Kyjiws Bauten und Kyjiw im Bau»!

K u r t: Das klingt nicht übel. Sie verstehen etwas, Oxana. Das Thema des 4. Tages ist Arbeit.

Oxana:«Arbeit bringt Freude».

H e r t a: Gefällt mir. Nach der Arbeit kommt die Erholung. Wie nennen wir den 5. Tag?

Oxana:5. Tag: «Kyjiwtreibt Sport». Kurz und bündig[82]. Sie sehen, liebe Freunde, Redewendungen geben der Sprache Saft und Kraft [83]. Nun ist der 6. Tag an der Reihe. Ich mache den Vorschlag: «Kunst und Wissenschaft in Kyjiw».

K u r t: Nicht schlecht. Aber wir müssen uns auch noch die herrlichen Kyjiwer Parks ansehen. Wie soll der 7. Tag heißen?

Oxana:Vielleicht «Wie erholt sich der Kyjiwer»?

H e r t a: Einverstanden. Und was würden Sie, Oxana, uns für morgen empfehlen, fürs Thema «Kreuz und quer durch Kyjiw»?

Oxana:Folgendes. Fahren wir heute abends in meine Schule zur Abschiedsfeier der 11. Klasse! Es wird sehr schön sein. Und morgen früh um 6 Uhr geht's dann zum MajdanNesaleshnosti und zum Dniproufer. Es wird gesungen, gespielt, gelacht, getanzt. Man nimmt Abschied [84] von der Schule.

K u r t: Das muß schön sein! Wenn uns Ihr Direktor einlädt...

Oxana:Dafür werde ich schon Sorge tragen[85]! Wenn Sie das alles gut filmen, garantiere ich einen großen Erfolg.

 

 

 

WAS FÜHREN SIE IM SCHILDE[86]?

Oxana:Liebe Freunde, tun Sie mir den Gefallen[87] und besuchen Sie in dieser Woche auch unseren Zoologischen Garten.

K u r t: Gern. Aber warum? Sagen Sie, Oxana, was führen Sie im Schilde? Kennen Sie übrigens diese Redewendung?

Oxana:Der Schild heißt щит, das Schild вивіска. Das sind Homonyme. Welche Bedeutung des Wortes «Schild» haben Sie im Auge?

K u r t: Welche ich meine? Die erste. «Etwas im Schilde führen» heißt: eine bestimmte Absicht haben. Verstehen Sie?

Oxana:Ja. Aber ich verstehe nicht, warum man so sagt.

K u r t: Diese Redensart stammt aus dem Mittelalter. Die Ritter kämpften mit geschlossenem Visier.

Oxana:Зопущенимзабралом.Aha, und deshalb trugen sie im Schilde Zeichen und Bilder, an denen sie einander erkennen konnten?

K u r t: Ja, so ist es. Also noch einmal, Oxana: was führen Sie im Schilde? Warum wollen Sie uns unbedingt in den Zoo schleppen?

Oxana:Gar nichts führe ich im Schilde! Ich habe Tiere sehr gern. Wir haben einen schönen Zoo, und ich möchte, daß Sie mit mir die Tiere ansehen.

H e r t a: Gibt es dort auch Löwen?

Oxana:Ja, gewiß. Aber warum fragen Sie?

H e r t a: Ich habe mich an eine Redensart erinnert. Wissen Sie, was das heißt: «sich in die Höhle des Löwen wagen»?

Oxana:Зважитисявступити в лігво лева.Das kenne ich schon.

H e r t a: Gut, Oxana, wir gehen mit Ihnen in den Zoo und schauen uns auch die Löwen an.

 

MÖCHTEN SIE IM SCHLARAFFENLAND[87] LEBEN?

Oxana:Diese Woche werde ich im Schlaraffenlande leben, wo Milch und Honig fließt.

H e r t a: Wissen Sie denn, wo dieses Land liegt?

Oxana:Natürlich. In Kyjiw, im Hotel „Dnipro“. Für mich.

K u r t: Milch und Honig können Sie bei uns im Cafè bekommen, soviel Sie wollen, bitte sehr.

Oxana: Es handelt sich nicht darum! Ich meine die Praxis in der deutschen Sprache. Was heißt eigentlich «Schlaraffe»? Ist hier das Wort «Affe» eingeschlossen?

K u r t: Ja. «Slur-Affe» hieß «fauler Affe». Das Märchen vom Schlaraffenland findet sich zuerst bei Hans Sachs, dem bekannten Dichter des 16. Jahrhunderts. Er erzählt, daß einem in diesem wunderbaren Lande gebratene Tauben in den Mund fliegen.

Oxana:Oho, daran glaubt niemand. Jeder kennt ja das Sprichwort «Gebratene Tauben fliegen einem nicht ins Maul» — «Смажені голубисамі в ротнелетять».

 

WIE HOCH SIND IHRE FORDERUNGEN[88]?

 

H e r t a: Oxana, ich habe an Sie noch eine delikate Frage. Wie hoch sind Ihre Forderungen?

Oxana:Wie? Sie wollen mir Geld zahlen?

K u r t: Aber natürlich. Für Ihre Arbeit.

Oxana:Geld — das kommt nicht in Frage.

H e r t a: Und was dann?

Oxana:Redewendungen: Schenken Sie mir jeden Tag eine halbe Stunde, in der ich das Kommando führe[89].

K u r t: Sehr gern, sogar eine ganze Stunde. Wir werden sie «Oxana-Stunde» nennen.

H e r t a: Einverstanden. Aber jetzt müssen wir Schluß machen[90]. Denn wenn wir heute die halbe Nacht bei Ihnen in der Schule verbringen sollen, dann müssen wir uns jetzt für einige Stunden schlafen legen. Oxana, können Sie heute Nacht bei mir schlafen?

Oxana:Das liegt im Bereich des Möglichen[91].

H e r t a: Ach, Oxana, warum sprechen Sie wieder so gekünstelt? Sagen Sie doch einfach «Das ist möglich» oder «Das geht».

K u r t: Und telefonieren Sie doch gleich dem Schuldirektor und Ihren Eltern!

Oxana rief den Direktor und die Mutter an. Der Direktor sagte sofort: «Aber bitte! Wir werden uns sehr freuen.» Und auch Oxanas Eltern waren mit allem einverstanden. Sie kannten ja ihre Tochter.

 

Zweiter Tag

 

KREUZ UND QUER DURCH KYJIW

 

Eines weiß ich genau — das hat mir Oxana selbst gesagt: der Tag, an dem ich sie mit den beiden deutschen Filmleuten bekannt gemacht habe, wird einer der schönsten in ihrem Leben bleiben. Zwei Ereignisse fielen an diesem Tage zusammen: die Schlußfeier in der Schule, in der sie elf Jahre lang gelernt hatte, und die Bekanntschaft mit Herta und Kurt. Und am nächsten Morgen sollte ja die Arbeit beginnen, die erste im Leben, eine große und schwere Arbeit. Wird Oxana diese Prüfung bestehen? Wird sie ihren Mann stehen[92]?

Als nach wenigen Stunden Schlaf der Wecker klingelte, standen Herta und Oxana rasch auf: sie wollten ja zur Abschiedsfeier in die Schule! Per Telefon riefen sie auch Kurt wach, und während sie sich wuschen, kämmten und ankleideten, kam es zu folgendem Gespräch[93].

 

WIRD OXANA IHREN MANN STEHEN?

 

Oxana:In der Schule hatte ich nie Angst vor Prüfungen. Ich habe sie immer gut bestanden. Aber jetzt, im Leben...

H e r t a: Nur keine Angst! Oxana, Sie werden schon ihren Mann stehen.

Oxana:Meinen Mann stehen? (Im Scherz.) Ich bin aber doch kein Mann!

H e r t a: Daran habe ich nie gezweifelt.

Oxana:Dann verstehe ich nichts. Glauben Sie, daß ein Mann mehr wert ist als eine Frau?

H e r t a: Nein, liebe Oxana. Aber die alten Germanen, die diese Redewendung geschaffen haben, sie haben das fest geglaubt. Übrigens, «Mann» ist ja hier «Soldat, Kämpfer». Er mußte im Kampf seinen Mann stehen, d. h. er durfte nicht fliehen vor der Gefahr.
Oxana:Wenn die alten Germanen Sie gekannt hätten, Herta! Da hätten sie anders über die Frauen gedacht!

H e r t a: Und Sie, Oxana! — Jetzt schmieren wir uns beide Honig um den Bart[94].

Oxana:Das können wir nicht, weil wir keine Bärte haben! Auch diese Redewendung haben die Männer geschaffen, ohne an uns zu denken.

Inzwischen war Kurt erschienen. Nachdem sie einen kleinen Imbiß zu sich genommen hatten[95], gingen sie zu dritt zur Abschiedsfeier der 11. Klasse in Oxanas Schule.

 

1. Episode: WENN MAN ABSCHIED NIMMT...

 

Der Abend in der Schule war sehr schön. Aber gegen ein Uhr nachts mußte man schließlich doch nach Hause fahren. Denn um sechs Uhr früh begann ja der Arbeitstag. Auch für Oxana. Da konnte sie sich mit Händen und Füßen wehren[96] — sie wollte natürlich noch bleiben — es half ihr aber nichts. Sie mußte ins Bett.

Am frühesten Morgen waren sie dann schon zu dritt auf dem MajdanNesaleshnosti, Kurt mit der Filmkamera. Viele Gruppen fröhlicher Mädchen und Jungen in festlichen Kleidern hatten sich hier eingefunden, machten Spiele, sangen zur Gitarre ihre liebsten Lieder, tanzten zur Ziehharmonika und zogen scherzend und lachend in langen Reihen zum Ufer des Dnipros hinunter.

K u r t (filmt): Diese Szene wird unser deutsches Publikum sehr interessieren. Schöner Brauch! Schade, daß er bei uns in der BRD nicht eingeführt ist.

H e r t a: Du, Kurt, vielleicht beginnen wir unsern Film gerade mit dieser Szene?

Oxana:Glänzender Gedanke!

H e r t a: Nur eins verstehe ich nicht. Abschied von der Schule, von guten Mitschülern, das muß ja eigentlich wehtun. Warum sind denn alle so fröhlich?

Oxana:Weil sie etwas noch Schöneres erwartet — interessante Arbeit, wie bei mir, oder Studium. Und noch etwas: wir verlieren ja weder die Schule noch die Freunde und Kameraden. Wir werden sie oft sehen, Verzeihung, zu Gesicht bekommen. In der Schule findet jedes Jahr ein Treffen früherer Schüler statt.

K u r t: Und warum sagen Sie wieder «zu Gesicht bekommen» anstatt des einfachen Wortes «sehen»? Das paßt hier gar nicht.

Oxana:Und wo paßt es?

K u r t: Hm. Stellen Sie sich vor: ein alter Freund hat Sie sehr lange nicht besucht und kommt nun eines Tages zu Ihnen. Sie begrüßen ihn mit den leicht ironischen Worten: «Ein Wunder, daß man dich mal wieder zu Gesicht bekommt!» Ist das klar? — Oxana, ich bitte Sie von ganzem Herzen: nehmen Sie Abschied von solchen unnötigen Redewendungen, wenigstens in der Umgangssprache.

Oxana:Aha, «Abschied nehmen»! Das ist doch auch Phraseologie!

 

2. Episode: UNTER ALLER KANONE [97]

 

Bis neun Uhr morgens gingen Herta, Oxana und Kurt im Zentrum spazieren. Punkt neun [98]standen sie vor der Sophiekathedrale. Sie schlossen sich einer Gruppe von deutschen Touristen an, deren Dolmetscher in deutscher Sprache Erklärungen gab. Kurt filmte alles, was für die Menschen in der BRD von Interesse sein[99] konnte.

K u r t: Großartig, dieses alte Geschütz!

Oxana:Ja, nicht wahr? — Übrigens: Gibt es Redewendungen mit dem Wort «Kanone»?

K u r t: Was? Das wissen Sie nicht? Die Redewendung mit «Kanone» kennen Sie nicht? Sie, die große Spezialistin für Redewendungen? Das ist ja unter aller Kanone!

Oxana:Oh, das ist bestimmt eine Redewendung! Ich kenne sie nicht.

H e r t a: Haben Sie den Sinn verstanden?

Oxana:Ich glaube, ja. Heißt das nicht «unter aller Kritik»?

K u r t: Sehr richtig, Oxana.

Oxana:Gut. Aber warum «Kanone»? Welche Rolle spielt hier die Kanone?

K u r t: Sehen Sie, das ist so: «Kanone» steht hier an Stelle von[100] «Kanon», d. h. Gesetz, Regel, Beispiel, Muster. Dieses Wort hat dieselbe Wurzel wie das Wort «Kanal» — sie bedeutet etwas Gerades. Daraus entstand dann die Bedeutung «Gesetz».

Oxana:Das ist aber doch wirklich unter aller Kanone!

H e r t a: Was denn, Oxana?

Oxana:Daß ich das bis jetzt nicht gewußt habe!

K u r t (lacht): Ihre Kunst, sich neue Redewendungen rasch anzueignen, macht auf mich einen tiefen Eindruk [101].

3. Episode: WAS MACHT EINEN TIEFEN EINDRUCK?

 

Noch etwas macht auf Kurt Bruck einen tiefen Eindruck, diesmal im Ernst[102]: der Lesehunger der Kyjiwer und die vielen Bücher!

Zusammen mit Herta und Oxana hat Kurt Kyjiw verlassen. Sie gehen langsam zum Mychajliwskaplatz. Und da sehen sie an einigen Stellen im Freien[103]Verkaufsstände mit Büchern. Viele Passanten bleiben vor den Auslagen stehen, blättern in den Büchern und kaufen dies oder jenes. Das ist etwas für Kurt! Er filmt.

Dann gehen die drei zu den Anlagen vor dem Theater.

Oxana:Nehmen wir auf dieser Bank Platz!

K u r t: Ich möchte mich einfach setzen. (Setzt sich.)

Oxana:Gibt es einen Unterschied zwischen «Platz nehmen» und «sich setzen»? (Setzt sich.)

H e r t a: Ja, einen stilistischen. Übrigens sagt jetzt Kurt absichtlich alles anders, als Sie es tun, Oxana. Einfacher.

Oxana:Das habe ich bereits bemerkt. Warten Sie nur, Herr Bruck, Sie werden bald so viele Redewendungen von mir hören, daßIhnen Hören und Sehen vergeht[104]. Ich werde die Redewendungen geradezu aus dem Ärmel schütteln[105].

K u r t (ironisch): Solch eine Sprache macht auf mich den tiefsten Eindruck.

H e r t a: Und auf mich macht den tiefsten Eindruck, daß man hier in Kyjiw so viel liest. Kurt, vielleicht filmen wir eine Episode «Kyjiw liest» oder «In Kyjiw liest man auf jeder Anlagenbank»?

Oxana:Oder «In Kyjiw lesen alle durch die Bank». Überall dort, wo sich Gelegenheit bietet[106].

K u r t: Herta, du wirst gleich noch ein paar Dutzend Redewendungen mit «Gelegenheit» zu hören bekommen. Oxana, los!

Oxana:Ein paar Dutzend — das ist wohl zu viel. Soviel gibt's gar nicht. Aber einige — bitte! Ich möchte die Gelegenheit beim Schopfe fassen[107]. Ich habe nicht oft Gelegenheit, mit waschechten Deutschen[108]zu sprechen.

H e r t a: Nun aber genug, Oxana. Schauen Sie lieber auf diese herrlichen Blumenbeete, auf die blühenden Bäume und auf das KyjiwerTheater!

Oxana:Es hat 2155 Plätze. Hier gibt es erstklassige Sänger und Ballettänzer. Ich persönlich mache mir nicht viel aus der Oper[109], ich gehe lieber ins Kleine Theater und sehe mir ein Schauspiel an. Ich wollte sogar selbst einmal zur Bühne [110]. Da hat mir aber meine Freundin Jana den Kopf gewaschen[111]! «Mach keine Dummheiten, Oxana», hat sie gesagt. «Du hast zu wenig Talent.» Da habe ich davon Abstand genommen[112].

H e r t a: Den Ausdruck «Abstand nehmen» haben Sie aber nicht richtig gebraucht, Oxana. Das ist zu offiziell und paßt hier gar nicht.

Oxana:Aber wie kann man denn deutsch sagen: «Я від цього відмовилась?»

H e r t a: «Ich habe es mir anders überlegt[113]» oder «Ich habe den Gedanken aufgegeben[114]».

Oxana(notiert): Danke bestens — für zwei neue Redewendungen.

 

4. Episode: WEM WILL OXANA EINEN BÄREN AUFBINDEN?

 

«Wohin geht's jetzt?» fragte Herta. Oxana antwortete: «Ich möchte den Vorschlag machen, ins Kinderwarenhaus zu gehen. Es ist nicht weit von hier.»

Herta und Kurt waren einverstanden, und so machten sie sich auf den Weg[115].

Das Kaufhaus «Welt des Kindes» gefiel ihnen. Dort kann man alles finden, was Kinder sich wünschen und was Eltern für ihre Kinder brauchen, vom Babyhemdchen bis zum Backfischkostüm, vom Gummihäschen bis zum Metallbaukasten.

Kurt machte zahlreiche hübsche. Aufnahmen, darunter auch Oxana mit einem großen Teddybären auf dem Arm.

H e r t a: Oxana, wem möchten Sie diesen Bären aufbinden?

Oxana: Warum sagt man eigentlich «einen Bären aufbinden»?

K u r t: Wie? Sie kennen diese gebräuchliche Redewendung nicht?

Oxana: Doch. Ich weiß, was sie bedeutet: jemandem Märchen erzählen, etwas vorlügen, so wie es der Baron Münchhausen gemacht hat. Was hat das aber mit einem Bären zu tun[116]?

K u r t: Gar nichts. Der «Bär» entstand wahrscheinlich aus dem alten Wort «ber», «bäre», das «Last» bedeutete. Wenn jemand seine Last einem anderen aufbindet, so daßder andere sie nun tragen muß, so hat er ihm einen Bären aufgebunden.

Oxana: Ich danke Ihnen, Herr Bruck. Ist aber Ihre Erklärung der Entstehung dieser Redewendung wirklich richtig, oder wollen Sie mir vielleicht einen Bären aufbinden?

 

5. Episode: MAN SOLL DAS KIND NICHT MIT DEM BADE AUSSCHÜTTEN[117]

Vom Warenhaus «Kinderhaus» sind es zum Hotel zu Fuß zwei, drei Minuten. Herta, Oxana und Kurt gingen  schnell, denn sie hatten Hunger. Es war höchste Zeit, zu Mittag zu essen, und im Restaurant „Eiergelb“ißt man nicht schlecht. Das spielt auch eine gewisse Rolle... Aber obwohl Herta wirklich einen Bärenhunger hatte, bereitete ihr das Mittagessen doch kein Vergnügenü[118]. Schuld daran war Oxana, die in einem fort [119]Redewendungen gebrauchte. Als zuerst der Fischsalat kam, rief sie: «Da haben wir den Salat![120]» Zur Suppe bemerkte sie: «Wer hat uns denn diese Suppe eingebrockt[121]?»

Da meinte Herta: «Ihre Redewendungen passen wie die Faust aufs Auge[122]! ,Da haben wir den Salat‘ sagt man, wenn man unangenehm überrascht ist, und das war hier nicht der Fall[123]. ,Jemandem eine Suppe einbrocken‘ heißt: ihm große Unannehmlichkeiten bereiten[124]. Liebe Oxana, hören Sie meinen guten Rat: geben Sie Ihre Redewendungen lieber ganz auf!»

«Nein», sagte Kurt, «damit bin ich nicht einverstanden. Jetzt möchte ich auch mal eine Redewendung gebrauchen: Man darf das Kind nicht mit dem Bade ausschütten.» Oxana schaute sofort ins Wörterbuch, das sie immer bei sich trug, und verstand: Man darf das Gute nicht mit dem Schlechten wegwerfen. Kurt wollte also sagen: Nur auf die unpassenden Redewendungen soll man verzichten, nicht auf alle. Richtig.

Oxana: Wie entstand denn die Redewendung von dem Kind, das man nicht mit dem Bade ausschütten soll?

K u r t: Sehr einfach. Man badet ein Kind. Man wäscht es mit Seife. Das Wasser wird schmutzig. Man muß es ausschütten. Vorsicht, damit das Kind nicht Schaden leidet[125]!

Jetzt kam das Kompott. Es blieb ohne Kommentar. Oxana schwieg.

Nach dem Mittagessen ruhte man sich eine Stunde aus. Dann gingen Oxana und Kurt auf die Straße und warteten auf Herta, die gleich nachkommen sollte. Sie standen vor dem Hotel und diskutierten heiß über Redewendungen und ihren Gebrauch.

Oxana: Und ich bin doch der Meinung: Je mehr Redewendungen, desto schöner die Sprache.

K u r t: Unsinn!

In diesem Augenblick ging ein junger Mann vorüber. Er hörte das letzte Wort, blieb stehen und sagte: «Unsinn — was ist Unsinn?» Oxana fragte: «Sind Sie Deutscher?» — und der junge Mann antwortete: «Jawohl, mein Fräulein. Heinz Klaus, Chemiker, aus Dresden.»

Jetzt stellten sich auch Oxana und Kurt vor.

Oxana: OxanaKyrylenko, Dolmetscherin, aus Kyjiw.

K u r t: Kurt Bruck, Kameramann, aus Leipzig.

H e i n z: Worüber haben Sie denn so heiß gestritten?

K u r t: Über Redewendungen. Die junge Dame will nur in Redewendungen sprechen. Ist das möglich? Wie meinen Sie?

H e i n z: Nein. Aber kennen muß man sie, davon weiß ich ein Lied zu singen[126]. Sie bereiten mir im Ukrainischen viele Schwierigkeiten. Der Deutsche sagt z. B. «zwei Eisen im Feuer haben», der Ukrainer— «мати двашляхидлядосягнення мети».

Oxana: «Die Kastanien aus dem Feuer holen» heißt «загрібатижарчужимируками», «der Stein ist im Rollen» - «крига зрушила».

Oxana hätte wahrscheinlich noch 572 solcher Beispiele angeführt (soviel hatte sie schon!), aber da kam zum Glück Herta. Auch sie machte sich mit Heinz Klaus bekannt, und man ging zu viert spazieren.

 

DARAUF KANNST DU GIFT NEHMEN! [127]

 

«So, Kinder», sagte Herta, «für heute genug. Aus dem Material des heutigen Tages machen wir sieben schöne Episoden. Jetzt gehen wir ins Kino und dann nach Hause zum Abendessen.» Auf dem Weg dorthin fand noch ein kleines Gespräch über eine sehr bekannte Redewendung statt.

K u r t: Oxana, wenn Sie sich weiterhin so Mühe geben, werden Sie bald ausgezeichnet deutsch sprechen.

Oxana: Wirklich?

K u r t: Darauf kann ich Gift nehmen.

Oxana: Gift? Gift heißt отрута. Und was bedeutet diese Redensart?

K u r t: Sie bedeutet «davon bin ich fest überzeugt».

Oxana: Und was hat das mit Gift zu tun?

K u r t: Im Mittelalter verlangte manchmal das Gericht von einem Angeklagten, er solle Gift nehmen, um seine Unschuld zu beweisen. Wenn er an dem Gift nicht starb, wurde er freigesprochen.

Oxana: Schrecklicher Aberglauben! Gut, daß die Zeiten vorbei sind! Ich bin glücklich, daß ich im 21. Jahrhundert lebe. So etwas gibt es jetzt nicht mehr.

K u r t: Sind Sie so sicher?

Oxana: Darauf kann ich Gift nehmen!

Die erste Oxana-Stunde

Sie kamen spät nach Hause. Vor dem Hotel trafen sie Petrenko und mich. Wir hatten uns vorher telefonisch verabredet. Es interessierte uns sehr, wie diese beiden Tage verlaufen waren, oder, um in Oxanas Sprache zu reden, welchen Verlauf sie genommen hatten[128]. Das erfuhren wir bald. Bei Tee und Kuchen erzählte man uns in großen Zügen[129] über alles, was an diesen Tagen geschehen war. Herta und Kurt waren sehr zufrieden mit Oxana, die ihnen große Hilfe geleistet hatte.

1) Vergraben Sie nicht Ihr Talent[130]!

H e r t a: Oxana, Sie haben heute gut gearbeitet. Sie haben Talent für Fremdsprachen und besonders — für deutsche Redewendungen.

Oxana: Und weshalb haben Sie heute so streng an mir Kritik geübt[131]?

H e r t a: Verstehen Sie mich richtig, Oxana! Daß Sie so viele Redewendungen kennen, ist gut. Nun müssen Sie aber lernen, sie alle richtig anzuwenden und wirklich zu beherrschen. Ich glaube, Sie werden mit dieser Aufgabe fertig werden[132]. Sie haben Talent.

K u r t: Und man darf sein Talent nie vergraben, Oxana.

Oxana: Auch ukrainisch sagt man so: заритисвійталантвземлю, датипомертиталанту. Wie ist denn diese Redensart entstanden?

K u r t: Es war einmal ein reicher Römer, der eine Reise in ferne Länder machen mußte. Vor der Reise rief er seine Diener zu sich und gab jedem einige Talente[133]Gold. Als er zurückgekehrt war, fragte er seine Diener: «Was habt ihr mit dem Geld gemacht?» Alle berichteten, welch großen Nutzen es ihnen gebracht habe. Nur einer sagte: «Ich habe damit nichts gemacht. Ich habe es in die Erde vergraben.» — «Schade. Was man vergräbt, bringt keinen Nutzen. Das ist schlecht», sagte der Herr. Seither bedeutet «sein Talent vergraben» — «seine Begabung nicht entwickeln».

2) Da liegt der Hund hegraben!

K u r t: Man hört sehr oft die Redewendung «da liegt der Hund begraben».

Oxana: Ukrainisch heißt es auch so: Ось десобаказарита! — d. h. Das ist die Ursache. Das ist der Kern der Sache — сутьсправи. Darum handelt es sich. Aber warum sagt man so? Wissen Sie das?

Petrenko: Darüber habe ich Verschiedenes gelesen. Diese Redewendung ist sehr alt. Wir finden sie schon bei dem griechischen Historiker Plutarch, der im 1. Jahrhundert unserer Zeitrechnung lebte. Er berichtet von einem Hund. DerHerr dieses Hundes, Xanthipp, trat eine Seereise an[134] und ließ den Hund allein zurück. Der treue Hund sprang ins Wasser und schwamm dem Schiff nach, mit dem sein Herr fuhr. Er konnte es aber nicht erreichen und kam um. Man begrub ihn auf der Insel Salamis.

Oxana: Da war also der Hund begraben. Und weiter? Wie bekam dann diese Redewendung die Bedeutung «Das ist der Kern der Sache»?

Petrenko: Vielleicht so: erst als sein Hund begraben war, verstand Xanthipp, wie treu das Tier gewesen war, d. h. er erkannte nun seinen wahren Charakter.

K u r t: Ich kenne eine andere Erklärung, und sie scheint mir richtiger. Im Mittelalter suchten viele Menschen nach versteckten Schätzen. Man glaubte, der Teufel bewache diese Schätze in der Gestalt eines schwarzen Hundes. Den Teufel durfte man aber nicht nennen, deshalb sagte man statt «Schatz» — «Hund». «Da liegt der Hund begraben» heißt also: Hier ist die gesuchte Stelle. Hier ist der versteckte Schatz, oder: Das ist es, worum es sich handelt [135]. Hier liegt die Ursache.

Daß «Geld» und «Hund» früher Synonyme waren, sieht man auch aus einer Stelle bei Hans Sachs[136]. Ein junger Mann glaubt, er habe Geld in der Tasche. Er klopft auf die Tasche und sagt: «Da liegt der Hund.»

H e r t a: Der schwarze Hund... Ich erinnere mich an eine Stelle in Goethes «Faust»:

«Da stehen sie umher und staunen,

Vertrauen nicht dem hohen Fund.

Der eine faselt von Alraunen,

Der andere von dem schwarzen Hund[137].»

3) Das also war des Pudels Kern!

K u r t: Aus dem «Faust» stammt ja auch eine synonymische Redewendung: «Das also war des Pudels Kern!»

Oxana: «Так ось що за цимховалось!»Wo steht das doch im «Faust»? Ich erinnere mich nicht.

Petrenko: Diese Worte spricht Faust, als er bemerkt, daß der schwarze Pudel niemand anderes ist als Mephistopheles.

H e r t a: Erinnern Sie sich jetzt, Oxana? Faust kommt in sein Studierzimmer mit dem schwarzen Pudel, der ihm gefolgt ist. Und plötzlich verwandelt sich der Hund in Mephistopheles.

Oxana: Ach ja, richtig.

4) Das geht auf keine Kuhhaut![138]

K u r t (ironisch): Jetzt scheint es mir, Oxana, Sie haben vielleicht doch recht, wenn Sie so großes Interesse für Redewendungen zeigen. Verzeihung, an den Tag legen[139].

Oxana: O, ich höre Ihre Ironie, Ihren Sarkasmus. Sie machen sich über mich lustig[140], Herr Bruck. Das ist aber nicht schön von Ihnen. Ich protestiere.

K u r t: D. h. Sie legen Protest ein[141]?

Oxana: Schon wieder! Nun aber genug! Jetzt hat's 13 geschlagen![142] Das schlägt dem Faß den Boden aus!

H e r t a; Nein, das geht aber wirklich auf keine Kuhhaut!

K u r t: Hilfe! Ich werde mit Redewendungen bombardiert!

H e r t a: Wissen Sie, Oxana, was auf keine Kuhhaut geht?

Oxana: Ja. Das, was die Grenzen des Zulässigen überschreitet. Das, was zuviel ist. Das, was man nicht schreiben, sagen oder erklären kann. Was hat das aber mit der Haut der Kuh zu tun?

Petrenko: Früher wurden Häute zum Schreiben verwendet, Häute von Schafen, Eseln und Kühen. Die Haut der Kuh war die größte. Und wenn man etwas nicht einmal auf eine Kuhhaut schreiben konnte...

Oxana: Klar!

A u t o r: In China schrieb man auf Seide, in Assyrien und Babylon auf tönerne Tafeln. Das Wort «Papier» kommt von dem ägyptischen «papyros» und heißt «Fluß-Pflanze». Das ukrainischeпапір ist verwandt mit бумазея und stammt vom griechischen bombyx = Seide.

K u r t: Und das alles diente zum Schreiben[143], kleine Oxana.

Oxana: Und wozu dient Ihre Ironie mir und den Redewendungen gegenüber, großer Herr Bruck?

K u r t: Aber ich mein's ja diesmal im Ernst, Oxana.

Oxana: Erzählen Sie mir bitte keine Märchen!

K u r t: Nein, nein, Oxana. Wenn ich nach Berlin zurückkehre, werde ich recht viele Redewendungen gebrauchen und allen erzählen, von wem ich sie gelernt habe.

Oxana: Wieder Ironie! Unerhört! Das geht aber wirklich auf keine Kuhhaut!

K u r t: Nein, nein! Mein voller Ernst![144]

Oxana: Herr Bruck, machen Sie mir doch kein X für ein U vor[145]!

5) Machen Sie mir kein X für ein U vor!

Petrenko: Wissen Sie auch, woher dieser Ausdruck kommt?

Oxana: Nein. Bitte, bitte!

Petrenko: Vor tausend Jahren schrieb man die Zahlen nur in römischen Ziffern. X bedeutet die Zahl zehn, V (damals U geschrieben) — die Zahl fünf. Aus einem V kann man aber leicht ein X machen.

Oxana: Wie denn?

K u r t: Sehr einfach. Man verlängert die Linien. So wird aus 5 — 10, also etwas ganz anderes. Jemand war z. B. einem anderen 5 Taler schuldig[146]. Aus der Fünf machte der andere eine Zehn, d. h. er machte ihm ein X für ein U vor, um ihn zu betrügen.

6) Was kennen Sie aus dem Effeff?

Oxana: Sehen Sie, wie interessant es ist, sich mit Redewendungen zu beschäftigen!

Petrenko: Das stimmt! Ich erinnere mich an ein Verschen:

«Die Wörter werden dir vieles sagen,

Verstehst du nur, sie auszufragen.»

Oxana: Goldene Worte! Man muß aber viel wissen und alles aus dem Effeff verstehen. Übrigens — woher kommt denn das, dieses Effeff?

H e r t a: Aus der Sprache der Musik: f heißt forte (stark), ff — fortissimo (sehr stark). Das ist italienisch.

Petrenko: Es gibt noch eine andere Erklärung. Bei den Kaufleuten ist f-Ware — feine Ware und ff-Ware — sehr feine oder hochfeine Ware.

7) Und so ging der zweite Tag zu Ende[147].

Ich schaute auf die Uhr, sah, daß es schon spät war — zehn Minuten vor elf, stand auf und sagte: «So, liebe Freunde, besten Dank für Tee, Kuchen und Redewendungen. Für heute ist's genug mit der Phraseologie, denn alles auf unserer Erde nimmt einmal ein Ende [148],nicht wahr?[149] Ich sehe, Oxana schreibt alles fleißig auf. Liebe Oxana, für heute mußt auch du ein Ende machen[150] und nach Hause gehen. Morgen ist auch ein Tag. Letzten Endes[151] ist die Gesundheit das Wichtigste. Auf Wiedersehen! Gute Nacht!»

So ging der zweite Tag zu Ende.

 

 

 

 

 

 

Dritter Tag

 

KYJIWER BAUTEN UND KYJIW  IM BAU

 

An diesem Abend konnte Oxana lange nicht einschlafen. Sie dachte die ganze Zeit an die vielen neuen Redewendungen, die sie gelernt hatte, und sortierte sie in Gedanken auf folgende Weise: a) schriftsprachliche; b) umgangssprachliche; c) kanzleisprachliche. «Streng unterscheiden!» sagte sich Oxana. «Ich darf mich nicht blamieren!» Endlich fielen ihr die Augen zu. Aber bald begann etwas Schreckliches: Oxana sieht sich in einem dunklen Wald. Es herrscht tiefe Finsternis. Was macht denn da unsere Oxana? Sie gräbt. Was will sie denn ausgraben oder vergraben, vielleicht einen Schatz? Plötzlich hört sie ein Geräusch. Sie erschrickt, schaut sich um, kann aber nichts sehen. Da — auf einmal — ein Gesicht! Es ist Kurt Bruck. Er lacht. «Was machen Sie hier in der Nacht, Oxana?» — «Pst, ein Geheimnis! Ich vergrabe mein Talent.» Kurt lacht laut. Oxanafährt aus dem Schlaf auf [152]und kann lange nicht mehr zur Ruhe kommen[153]. Erst gegen Morgen schläft sie ein. Und wieder träumt sie: zuerst sieht sie eine riesige Kuh. Die Kuh verfolgt das Mädchen und schreit: «Das geht auf keine Kuhhaut!» Dann aber wird aus der Kuh plötzlich ein schwarzer Hund mit Augen wie Feuer. Das ist schrecklich. Oxana schreit im Traum. Ihre Mutter fährt aus dem Schlaf [154],macht Licht[155], tritt an Oxanas Bett.«Was hast du denn im Traum gesehen, Oxana?» fragt sie besorgt.

«Einen scheußlichen schwarzen Hund», sagt Oxana.

«Ach, deshalb hast du so geschrien!» sagt die Mutter. «Da liegt der Hund begraben!»

 

EIN MENSCH DARF NICHT VON GESTERN SEIN[156]

Es ist neun Uhr morgens. Oxana kommt ins Hotel. Herta und Kurt haben bereits gefrühstückt. Jetzt sitzen sie in Hertas Zimmer, ziehen die Bilanz[157] des vergangenen Arbeitstages und sprechen über die Aufgaben des bevorstehenden.

Oxanahat etwas auf dem Herzen[158]. Sie weiß nicht, ob sie es sagen soll oder nicht. Endlich nimmt sie sich ein Herz [159] und sagt: «Liebe Freunde, halten Sie bitte mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg[160]! Sagen Sie mir offen: Sind Sie mit mir zufrieden? Ja oder nein?

H e r t a: Ja. Sie haben uns gestern viel geholfen.

K u r t (lachend): Sie haben gestern Ihren Mann gestanden, Oxana. Sie sind nicht von gestern.

Oxana: Nicht von gestern? Heißt das, daß ich nicht dumm bin?

H e r t a: Ganz richtig, Oxana. Sie haben es erraten. Sie haben Sprachgefühl.

Oxana: Danke. Warum aber sagt man so?

H e r t a: Ein Mensch weiß mit jedem Tag mehr, heute mehr als gestern, nicht wahr? Wer aber von gestern ist, kann nicht wissen, was vorgestern und vorvorgestern und noch früher geschehen ist. Er weiß wenig, er hat wenig Erfahrung, bleibt also zurück. Verstehen Sie das, Oxana?

Oxana: Klar. Ich bin doch nicht von gestern.

IN ERSTER LINIE[161]

 

Der Besuch der Operette war für Herta und Kurt nicht nur ein Vergnügen. Kurt machte eine Reihe von Aufnahmen — des Saales, der Bühne, auch der Zuschauer vor undnach der Aufführung. Und als die Drei nach Hause fuhren — es war halb elf abends — da dachte Kurt schon an den folgenden Tag.

K u r t: Ich glaube, morgen nehmen wir als erstes Objekt die Autofabrik in Angriff.

Oxana: Oh, jetzt haben Sie selbst die Redewendung «in Angriff nehmen» gebraucht! Hier paßt sie also.

H e r t a: Nadja, Sie denken nur an Ihre Redewendungen. Ihr ganzes Leben besteht nur aus Redewendungen. Schade. — Ja, Kurt, ich glaube, du hast recht. Das Autowerk kommt in erster Linie.

Oxana: In erster Linie ... Aha! Ich verstehe: das Erste ist immer das Wichtigste. Aber warum «Linie»? Was bedeutet hier «Linie»?

K u r t: Die Zeile. Es ist die erste Zeile eines Briefes gemeint. Wenn man einen Brief schreibt, so beginnt man natürlich mit dem, was am wichtigsten ist. Das steht meistens in der ersten Linie.

WAS IST LOS?

 

Oxana: Vielen Dank für Ihre Erklärungen, Herr Bruck. Sie sind ja plötzlich so liebenswürdig geworden! Wieso? Was ist los?

K u r t: Was nicht angebunden ist.

Oxana: Wie, wie? Що не привязане?Das verstehe ich nicht. Herta, helfen Sie mir bitte!

H e r t a: Sehr gern, liebe Nadja. Kurt macht natürlich wieder Spaß[162]. «Los» ist das Gegenteil von «fest, befestigt, angebunden, angenäht, angenagelt» usw. Darum hat Kurt auf Ihre Frage «Was ist los?» zum Scherz geantwortet «Was nicht angebunden ist». Wenn ein toller Hund los ist, so kann das gefährlich werden. Sitzt ein Knopf lose, so muß man ihn festnähen. Und wenn der Teufel los[163] ist, so bedeutet das ein Chaos, obwohl es keinen Teufel gibt. Wenn mir eine Person nicht angenehm ist, so bin ich froh, wenn ich sie los bin, d. h. wenn sie weg ist. In «Was ist los» ist «los» ein Synonym für: geschehen, passiert, vorgekommen, vorgegangen, vor sich gegangen.

K u r t: «Los» kommt vom Verb «lösen», öfter: «sich loslösen», d. h. sich freimachen. «Was ist los?» heißt eigentlich: was hat sich aus der Struktur gelöst und das Ganze in Unordnung gebracht? Kurz: was ist geschehen?

 

Die zweite Oxana-Stunde

Wie wir gesehen haben, ergreift Oxana jede Gelegenheit[164], um über deutsche Redensarten zu sprechen oder sie im Gespräch anzuwenden — oft auch dort, wo sie nicht passen. Gehen wir jetzt in Hertas Hotelzimmer zur zweiten sogenannten «Oxana: -Stunde»! Es liegt auf der Hand, daßOxana: dabei selbst den Vorsitz führt[165]. Also, Achtung!

Oxana: Liebe Genossen! Wie glücklich ich bin! Ich habe schon 631 Redewendungen. Hurra! Im Theater habe ich die ganze Zeit gedacht, wie ich die Redewendungen klassifizieren soll. Ich glaube, man kann sie in verschiedene Gruppen teilen, nach Themen. Sehr viele Redewendungen gibt es z. B. mit den Bezeichnungen von Körperteilen, besonders mit Hand, Kopf, Auge, Nase, Ohr, Fuß, Zahn usw.

Liebe Genossen, Sie haben mir freie Hand gelassen[166]. Ich möchte deshalb heute einige Redewendungen zur Diskussion stellen[167], über die ich mir noch nicht im klaren bin[168], über die ich mir den Kopf zerbreche. Also, ich beginne.

l) Darf ich Ihnen auf den Zahn fühlen[169]?

Oxana: So, Herr Bruck, jetzt will ich Ihnen einmal auf den Zahn fühlen.

K u r t (öffnet den Mund): Bitte sehr!

Oxana: Nicht so! Ihre Zähne interessieren mich nicht. Ich möchte nur von Ihnen erfahren, warum man sagt «auf den Zahn fühlen».

K u r t: Wer auf dem Markt ein Pferd kaufte, schaute ihm in den Mund und befühlte die Zähne. An den Zähnen des Pferdes kann man erkennen, wie alt es ist und ob es gesund ist. Befriedigt Sie diese Erklärung?

Oxana: Vollkommen. Danke. Ich möchte aber noch mehr wissen. Gestern oder vorgestern hat Herta den Ausdruck gebraucht: Das paßt wie die Faust aufs Auge. Ukrainisch sagt man: Це йде як корові сідло. Mir scheint, die ukrainische Redensart ist viel deutlicher; jeder versteht, daß zu einer Kuh kein Sattel paßt. Aber die Faust ist ja viel größer als das Auge.

K u r t: «Faust» steht hier anstatt «Faustschlag». Bei einem Ringkampf oder Boxkampf ist es verboten, den Gegner aufs Auge zu schlagen. Das ist gefährlich. Das paßt nicht. Gar nicht! Und was gar nicht paßt, paßt wie die Faust aufs Auge.

Oxana: Ja, das liegt auf der Hand.

2) Kann man etwas wirklich im Auge behalten[170]?

Oxana: Alles, was ich in diesen drei Tagen von Ihnen gehört habe, werde ich immer im Auge behalten.

K u r t: Im Auge? Nicht im Kopf?

Oxana: Aber man sagt doch «im Auge behalten»!

K u r t: Richtig. Und wissen Sie auch, warum man so sagt?

Oxana: Weil das Auge alles sieht oder sehen kann.

K u r t: Aber nur für Sekunden. Dann kommen neue Bilder, neue Eindrücke.

Oxana: Die alten werden ja nicht vergessen.

K u r t: Richtig, aber das Auge sieht sie nicht mehr. Ich kann das erklären, als Kameramann habe ich ja Optik studiert. Die alte griechische Philosophie war der Meinung: Alles, was das Auge einmal gesehen hat, bleibt für immer physisch im Auge drinnen. Daher kommt auch der Ausdruck «etwas im Auge behalten».

Oxana: Sehen Sie jetzt, wie interessant Redewendungen sind?

K u r t: Ja, wenn man versteht, was man sagt. Eine falsch gebrauchte Redewendung ist mir immer ein Dorn im Auge[171].

3) Ein Dorn im Auge

Oxana: Ein Dorn im Auge, hm ... Ich weiß, was ein Dorn ist. «Keine Rose ohne Dornen» — das ist ein gutes Sprichwort. Wie aber kommt ein Dorn ins Auge?

H e r t a: Denken Sie mal nach: was tut man mit Rosen?

Oxana: Man riecht daran. Sie duften ja so schön. Aber was folgt daraus?

H e r t a: Dabei kann einem ein Dorn ins Auge geraten. Ein Dorn im Auge stört, tut weh.

Oxana: Ist diese Erklärung nicht ein wenig an den Haaren herbeigezogen[172]?

K u r t: Nein, nein, Oxana. Hertas Erklärung ist ganz richtig.

4) Oxana  steht das Haar zu Berge[173]

Oxana: Haar! — Wie viele Ausdrücke gibt es mit «Haar»! Und die muß ich alle noch lernen! Schrecklich! Wenn ich daran denke, steht mir das Haar zu Berge.

K u r t: Zu Berge! Wo ist denn der Berg? Ihr Haar ist, wie es war. Ich sehe keinen Berg.

Oxana: Sie haben gut lachen[174], Herr Bruck! Übrigens... sagen Sie bitte: steht einem wirklich das Haar zu Berge, wenn man erschrikt?

K u r t: Natürlich nicht. Aber man hat das Gefühl, daß sich die Haare etwas sträuben, etwas aufrichten.

5) Hat Oxana Haare auf den Zähnen?

Oxana (schaut im Wörterbuch nach): Hier steht z. B. «Haare auf den Zähnen haben». Wie soll ich das verstehen? Und woher kommt das?

K u r t: Sie, Oxana, haben Haare auf den Zähnen, d. h. Sie sind energisch, Sie lassen sich nichts gefallen[175].

H e r t a: Weißt du, Kurt, woher das kommt, «Haare auf den Zähnen haben»?

K u r t: Das stammt von den alten Germanen. Das Haar war bei ihnen ein Symbol der Kraft und der Tapferkeit.

Petrenko: Das beweist auch die Redewendung «Haare lassen[176]», d. h. einen Verlust erleiden. Bei den alten Germanen durften sich nur die Freien das Haar lang wachsen lassen. Wenn ein freier Mann seine Freiheit verlor, wurde ihm das Haar abgeschnitten, d. h. er mußte «Haare lassen».

Ja, ja, liebe Freunde. Sprache ist tausendjährige Geschichte. Richtig sprechen ist eine sehr ernste Aufgabe. Man darf sie nicht auf die leichte Achsel nehmen[177].

6) Nehmen Sie das nicht auf die leichte Achsel!

Oxana: Das bedeutet wohl: man soll die Schwierigkeiten nicht unterschätzen?

K u r t: Richtig. Und was heißt Achsel? Wissen Sie das?

Oxana: Плече.Es kommt von Achse — вісь. Ich kenne: «die Achseln zucken» — знизуватиплечима und «jemand über die Achseln ansehen» — дивитисьзверхньонакого-небудь.

H e r t a: Verstehen Sie auch den Satz: «Dieser Mann trägt auf beiden Achsen» (nicht Achseln!)?

 

7) Hand aufs Herz![178]

K u r t: Achtung, jetzt kommt entweder die Hand oder das Herz! Los, Oxana!

Oxana: Zuerst das Herz. Hand aufs Herz, ist es nicht angenehm, über das Herz zu sprechen? Es gibt da so viele schöne Redewendungen. Sie, Herta, möchte ich z. B. an mein Herz drücken, und Ihnen, Herr Bruck, möchte ich ins Herz sehen[179] und Ihre Gedanken lesen. Offert gestanden[180], ich verstehe Sie nicht immer. Aber ich weiß, Sie haben das Herz auf dem rechten Fleck[181]. Und doch machen Sie sich oft über mich lustig. Das nehme ich mir manchmal sehr zu Herzen[182]. Nicht immer bringe ich's übers Herz[183], Ihnen meine Meinung offen zu sagen. Sie müssen verstehen: Ich bin mit ganzem Herzen[184] für eine schöne, bildreiche Sprache! Und — wes das Herz voll ist, des geht der Mund über — Від любові уста говорять!

 

8) Hat Oxanas Sprache Hand und Fuß[185]?

 

H e r t a: Hand aufs Herz, Oxana, diese Rede haben Sie wohl von langer Hand vorbereitet[186]?

K u r t: Den Eindruck hatte ich auch. Ihre Rede hatte Hand und Fuß, Oxana.

Oxana: Sie sind beide auf dem Holzweg[187]. Alles war improvisiert, aus dem Stegreif gesprochen[188]. Ich hatte doch keine Zeit, mich vorzubereiten. Ich hatte doch als Ihre Betreuerin und Dolmetscherin alle Hände voll zu tun. Übrigens, mit «Hand» gibt es auch zahllose Redewendungen. Ich selbst habe über dreißig gesammelt. Nun, die Hand spielt ja eine sehr große Rolle im Leben.

H e r t a: Einverstanden. Wie sagt man z. B. ukrainisch: «Sie leben von der Hand in den Mund»?

Oxana: Вониледвезводиликінціз кінцями.

9) Den Nagel auf den Kopf treffen[189]

K u r t: Sie sind wohl schon müde, Oxana?

Oxana: Ja, Herr Bruck. Sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen. Wenn ich mich nicht irre, heißt das: das Richtige treffen, ins Schwarze treffen[190]?

K u r t: Ja. Jetzt haben Sie den Nagel auf den Kopf getroffen.

Oxana: Übrigens: haben denn Nägel Köpfe?

K u r t: Gewiß. Bei Schießübungen war früher ein Nagel in der Mitte der Schießscheibe das Ziel. Die Aufgabe bestand darin, ihn zu treffen.

Petrenko: Es gab auch Schießscheiben mit Vögeln. Wer den Vogel traf, der hatte «den Vogel abgeschossen[191]». Und daher bedeutet «den Vogel abschießen»...

Oxana: Den besten Schußtun, das beste Resultat erreichen.

So ging der 3. Tag zu Ende. Man mußte sich gut ausruhen, um Kräfte zu sammeln für den nächsten Tag, dessen Thema war: Arbeit. Interessante, nützliche Arbeit ist doch das Schönste im Leben, nicht wahr?

 

Vierter Tag

 

ARBEIT BRINGT FREUDE

 

Um sieben Uhr morgens ist Oxana schon aus den Federn[192]. Kaum hat sie die Augen geöffnet, so ist sie auch schon aufgestanden, hat sich gewaschen, angekleidet und gekämmt, schnell wie der Blitz. Ja, ja, Oxana ist ein Blitzmädel!

Nun sitzt sie im Vestibül des Hotels an einem Schreibtisch und schreibt. Sie schreibt über das, was sie zur Zeit an meisten bewegt: über deutsche Redewendungen zum Thema «Arbeit». Das Wörterbuch leistet ihr natürlich Hilfe.

Oxana schreibt: «Es ist gleich, ob man ,sich an die Arbeit macht‘ oder ,ans Werk geht‘ (auch: ,an die Arbeit geht‘). Alle diese drei Redewendungen bedeuten: взятисяза роботу, приступитидо справи. Man macht, verrichtet, leistet eine Arbeit. Aber es ist nicht gleich, ob man ,ans Werk geht‘ oder ,ins Werk‘. ,Ins Werk gehen‘ (йтиназавод) ist eine freie Wortverbindung, und ,ans Werk gehen‘ (взятисяза роботу) — eine feste, phraseologische. Es ist eine Redewendung. Wie wichtig das ist!

Man darf keine Arbeit scheuen[193], d. h. vor keiner Arbeit zurückschrecken, wenn man die wichtigsten Redewendungen kennenlernen und sie richtig gebrauchen will.

Wer die Arbeit schwänzt [194], wer blau macht[195], der ist Faulpelz.

In diesem Augenblick kommt Herta und fragt: «Was schreiben Sie denn, Oxana? Darf ich es lesen? — Hm. Nicht schlecht: Das Werk lobt den Meister.»

«Das Sprichwort kenne ich», sagt Oxana. «Ukrainisch heißt es: Майстравпізнаютьпо роботі. — Aber wann machen wir uns heute an die Arbeit?»

Herta lacht und antwortet: «Zuerst machen wir uns ans Frühstück[196]»

 

DARF MAN AUS DER SCHULE PLAUDERN[197]?

 

K u r t: Guten Morgen. Es ist Zeit[198], daß wir uns auf den Weg machen[199]. Heute werden wir die Schule besuchen. Oxana, haben Sie den Direktor der Schule angerufen, den Vater Ihrer Freundin?

Oxana: Ja. Man erwartet uns. Es sind zwar Ferien, aber ein paar Arbeitsgemeinschaften in der Schule arbeiten. Übrigens, Herr Bruck, es gibt eine Redewendung «aus der Schule plaudern», d. h. etwas sagen, was man nicht sagen darf oder soll. Wissen Sie vielleicht, wie der Ausdruck entstanden ist?

K u r t: Leider nicht. Ich hatte übrigens einen Freund, der in der Entstehungsgeschichte der Redensarten gut Bescheid wußte [200]. Er war Lehrer der deutschen Sprache und hat mir manches erklärt.

Oxana: Wenn Sie nach Berlin zurückfahren, fragen Sie ihn doch und schreiben Sie mir bitte! Gut?

K u r t: Das ist unmöglich. Mein Freund ist leider nicht mehr am Leben[201]. Er ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen[202].

H e r t a: Ich glaube, ich kann Ihre Frage beantworten, Oxana. Zur Zeit der Feudalherrschaft waren die Wissenschaften, besonders Physik, Chemie und Medizin, streng geheim. Was in der Schule gelernt wurde, davon sollte das Volk nichts erfahren. Man durfte nicht «aus der Schule plaudern», d. h. man durfte nichts verraten.

So, jetzt aber frühstücken und dann arbeiten! Heute müssen wir uns ins Zeug legen[203], wenn wir unseren Plan erfüllen wollen. Wie sagt das Sprichwort? «Erst die Arbeit, dann das Spiel. Nach der Reise kommt das Ziel.»

Oxana: Закінчивділо, гуляйсміло. Aber Gespräche über Redewendungen sind kein Spiel. Für mich ist das auch Arbeit, harte Arbeit — an der Sprache.

 

Die dritte Oxana-Stunde

An diesem Tag saßen wir um elf Uhr abends wieder zu fünft in Hertas Zimmer zur «Oxana-Stunde». Oxana nahm gleich das Wort, und ich muß sagen: der dritte Abend wurde noch schöner als der erste und der zweite. Heute kam nämlich etwas Neues an die Reihe. Und das Neue ist eben immer frisch und meistens interessant.

1) Jeden Tag Kartoffelsuppe![204]

H e r t a: Ich denke, wir beginnen wie gewöhnlich. Wir sprechen über irgendeine Redewendung.

Oxana: Wie gewöhnlich? Nein, heute wollen wir es anders anfangen. Jeden Tag Kartoffelsuppe — das hängt einem bald zum Hals heraus[205]! Wissen Sie was? Wir machen es so: Ich gebe das Stichwort[206], und wir bilden Sätze mit Redewendungen, und zwar über ein bestimmtes Thema, z. B. «Lebensmittel». Ein wichtiges Thema, nicht wahr? Das wichtigste eigentlich. Also los! Ich beginne: Kartoffeln!

K u r t: Kartoffelnase[207]!

Oxana wird blaß, faßt sich am Kopf. Jetzt wird's gleich blitzen und donnern. Kein Mädchen wird zulassen, daß man ihre Nase kritisiert. Aber nein — Achtung! Noch wichtiger als ihre Nase ist für Oxana — was? Natürlich — Redewendungen!

Oxana: Kartoffelnase — erstens ist das keine Redewendung! Zweitens ist eine Nase keine Eßware! Drittens — Hand aufs Herz, Herr Bruck, ist diese Bemerkung auf mich gemünzt[208]?

K u r t: Durchaus nicht[209] Keine Spur[210].  Nicht im geringsten[211].

Oxana: Ach, Ihre ewige Ironie! Die hängt mir schon zum Hals heraus! Sie haben mir den Handschuh hingeworfen[212] — gut, ich hebe ihn auf[213]. Ich fürchte mich nicht vor Ihrem Spott. Ich muß Ihnen sagen, Sie reden wirklich oft Käse[214]! Sie reden wirklich oft Kohl!

Oxana sieht schrecklich aus. Sie ist aufgestanden, nein, aufgesprungen. Ihr Gesicht ist ganz rot, auch die Kartoffelnase. Die Augen werfen Flammen. Zuerst haben alle (außer Oxana natürlich) laut gelacht, nun herrscht Schweigen. Schließlich versucht Herta zu vermitteln.

H e r t a: Aber Oxana, Kurt macht doch nur Spaß[215]!

Oxana: Ja, ja, ja, er macht immer Spaß mit mir, der große Spaßmacher Kurt Bruck!

2) Da haben wir den Salat[216]!

A u t o r: Nein, so geht's nicht weiter. Oxana, du mußt mehr Ruhe an den Tag legen. Laß dich nicht aus der Ruhe bringen[217]! Weine doch nicht, Mädchen! Beruhige dich! Und noch etwas: In unserem Spiel mit Redewendungen muß Ordnung sein, muß ein System sein. Suppe, Kartoffeln, Käse, Kohl ... Was für ein schreckliches Durcheinander[218]! Was für ein Kuddelmuddel[219]!

Oxana: Wie? Wie? Kuddelmuddel! Wunderbar!

A u t o r: So? Dann sage ich dir noch so ein «wunderbares» Wort, ein Synonym — Tohuwabohu[220]. Ja, da machst du große Augen! Siehst du, Oxana, es gibt in der Sprache noch viel Interessantes außer den Redewendungen. Jetzt wollen wir aber systematisch arbeiten. Was kommt beim Mittagessen zuerst?

H e r t a: Bei euch Ukrainer — der Salat. Das wissen wir jetzt schon. Im Deutschen sagt man, wenn man unangenehm überrascht ist: «Da haben wir den Salat!» oder auch «Da haben wir die Pastete! Da haben wir die Bescherung!»

Wie sagt man in solchen Fällen im Ukrainischen? Салат? Паштет? Подарунок?

Oxana: Nein, nichts von dem allem. Mansagteinfach: «Осьтобііна! Оцетак

Petrenko: Halt! Es gibt im Ukrainischen auch eine volkstümliche Redensart, die das Gleiche ausdrückt: «Ось такжуравлина

H e r t a: Журавлина — was ist das?

Oxana: Moosbeere.

H e r t a: Diese Beeren kennen wir nicht. Das ist also typisch ukrainisch. Wie interessant!

Oxana: Ja, und außerdem ist es etwas zum Essen und paßt zu unserem heutigen Thema.

3) Das Ei des Kolumbus[221]

A u t o r: Zu einem guten Salat gehört auch ein Ei. Mit «Ei» gibt es viele Redewendungen, zum Beispiel «das Ei des Kolumbus». Weißt du, was das bedeutet, Oxana?

Oxana: Ich glaube, ja. Man gebraucht diese Worte, wenn man aus einer schwierigen Lage einen leichten Ausweg findet. Richtig?

A u t o r: Ja. Es bedeutet eine einfache Lösung eines schwierigen Problems.

Oxana: Und warum sagt man eigentlich so?

Petrenko: Das kann ich dir erklären. Die Sache war so: Nachdem Kolumbus Amerika entdeckt hatte und nach Spanien zurückgekehrt war, veranstaltete man zu seinen Ehren...

Oxana: Halt! Zu seinen Ehren — на його честь. (Sie notiert sich den Ausdruck.) Bitte, weiter!

Petrenko: ... veranstaltete man also ein Fest. Eine große Gesellschaft war versammelt. Man aß, trank, plauderte. Plötzlich sagte der Kardinal Mendoza: «Es war kein Kunststück[222], Amerika zu entdecken! Das kann jeder.» Da stand Kolumbus auf, trat zu ihm hin, nahm ein Ei und fragte: «Können Sie dieses Ei so hinstellen, daß es stehen bleibt?» Der Kardinal versuchte das Ei hinzustellen, es ging aber nicht. «Unmöglich», sagte er. «So?» meinte Kolumbus.

«Aber ich kann es.» Er drückte die Spitze des Eis ein, und das Ei stand. «Oh», sagte der Kardinal. «Das ist kein Kunststück![223] So hätte ich es auch machen können[224].» — «Ja», meinte Kolumbus, «Sie hätten es tun können[224], ich aber habe es getan!»

Oxana: Eine geistreiche Geschichte! Sie ist nicht nur inhaltlich, sondern auch sprachlich interessant. Diese Gegenüberstellung: Sie hätten es tun können — ich habe es getan! Konjunktiv und Indikativ! Ist ja auch ein interessantes Gebiet, die Grammatik. Und doch kann sie der Wortkunde nicht das Wasser reichen[225].

A u t o r: Nein, Oxana, das ist nicht wahr. Die Grammatik kann ebenso interessant sein wie die Wortkunde.

Oxana: Übrigens — woher kommt der Ausdruck «einem nicht das Wasser reichen»?

A u t o r: Das war so: Früher aß man ohne Gabeln, mit den Händen. Die Hände wurden dabei natürlich schmutzig, und man mußte sie nach dem Essen waschen. Diener reichten das Wasser. Das galt als eine niedrige Arbeit. Und wer nicht einmal diese Arbeit tun durfte...

Petrenko: Man reichte das Wasser nicht nur, um den Gästen die Hände zu waschen, sondern auch die Füße. Dabei mußte man knien.

K u r t: Heureka[226]! In Goethes «Faust» sagt Valentin von seiner Schwester Grete:

«Aber ist eine im ganzen Land,

Die meiner trauten Gretel gleicht,

Die meiner Schwester das Wasser reicht?»

4) Frische Fische — gute Fische[227]

Oxana: Über den Salat und die Kartoffelsuppe haben wir bereits gesprochen, auch über das Wasser. Jetzt kommt der Hauptgang, Fisch oder Fleisch, oder auch beides. Zuerst reicht man den Fisch. Wer weiß etwas mit «Fisch»?

H e r t a: Es gibt ein Sprichwort: Frische Fische — gute Fische. Es bedeutet ungefähr dasselbe wie «Schiebe nichts auf die lange Bank!»

Oxana: Не откладывай дела в долгий ящик! Herr Bruck, warum sind Sie so still geworden? Was ist los? Sind Sie noch böse auf mich[228] wegen des «Käses» und des «Kohls»? Sagen Sie doch auch etwas zum Thema «Fisch»!

K u r t: Ich gehe in meiner freien Zeit gern fischen. Diese Beschäftigung wirkt beruhigend aufs Nervensystem. Außerdem esse ich gern Fische. Aber das alles interessiert Sie nicht. Ich weiß, Sie wollen nur Redewendungen hören. Gut. Wissen Sie, was «kleine Fische[229]» sind?

Oxana: Wohl kleine, unwichtige Dinge?

K u r t: Ja. Z. B. «Ach, deine Sorgen, das sind ja nur kleine Fische!» Und was sind «faule Fische[230]»?

H e r t a: Lügen, Ausreden, Betrügereien, denen man auf den Grund kommen[231]muß.

K u r t: Ja, und wenn ein Mensch durch sein hartnäckiges Schweigen auffällt, kann man sagen: «Er ist stumm wie ein Fisch[232]».

H e r t a: Und wenn sich jemand irgendwo sehr wohl fühlt, so sagt man ...

Oxana: Er fühlt sich hier wie ein Fisch im Wasser. Ukrainischkannmanauchsagen: Вінсебетуттакпочуває, якрибавводі. Aber wie sagt man auf Deutsch«ні риба нім’ясо»?

K u r t: Weder Fisch noch Fleisch[233]. Ja, das kam mir heute in den Sinn, als ich eine Theaterkritik in der «Berliner Zeitung» las. Sie war weder positiv noch negativ, weder für noch gegen. Der Kritiker lavierte hin und her, er wollte es mit niemandem verderben, seine Kritik war weder Fisch noch Fleisch.

H e r t a: Hört auf! Ich habe schon Halluzinationen. Ich sehe schon überall Fische ...

5) Schneiden Sie sich nicht ins eigene Fleisch[234]!

Oxana: Jetzt gehen wir zum Fleisch über. Da will ich Ihnen etwas aus meinem Leben erzählen. Sie wissen ja, daß ich mich schon immer für die deutsche Sprache interessiert habe. Es stand fest, daß[235] ich Deutschlehrerin werde. Ich bereitete mich schon zu diesem Beruf vor. Da lernte ich eines Tages ein Mädchen kennen, das mich überreden wollte, ich solle die Schule verlassen und mit ihr zusammen Friseuse lernen[236]. Ich erzählte meinem Deutschlehrer von diesen Plänen. Er sagte: «Auf keinen Fall! Jetzt, wo du schon gute Leistungen erzielt hast, willst du alles aufstecken? Du darfst dich doch nicht ins eigene Fleisch schneiden!» Ich sah ein, daß mein Lehrer recht hatte, und beschloß, die Schule zu beenden und gut Deutsch zu lernen. Dazu muß man aber Sitzfleisch haben[237], und das hatte ich nicht. Da sagte ich mir: «Ohne Fleiß kein Preis[238]», und «Fleiß bricht Eis[239]». Und es ging! Ich bekam Sitzfleisch! — Aber warum lachen Sie so? Habe ich etwas Dummes gesagt?

H e r t a: Oxana, Sie sprechen so komisch! Sitzfleisch kann man nicht «bekommen», Sitzfleisch kann man nur «haben» oder «nicht haben».

Oxana: Das will ich mir merken. Ach, es ist noch ein weiter Weg, bis ich die deutsche Sprache so beherrsche wie mein Lehrer! Ihm sind all diese Redewendungen in Fleisch und Blut übergegangen[240]...

6) Das ist mir Wurst![241]

Oxana: Vom Fleisch können wir zur Wurst übergehen. Wurst macht man aus Fleisch. Ich habe schon öfters den Ausdruck gehört: das ist mir Wurst. Was heißt das eigentlich?

H e r t a: Es ist ein Synonym für «gleich», «gleichgültig», «einerlei».

Oxana: Und ist es einerlei, ob ich sage, «Das ist mir gleichgültig» oder «Das ist mir Wurst»?

K u r t: Nein, das ist nicht einerlei. Es besteht ein stilistischer Unterschied. «Das ist mir Wurst» ist Umgangssprache und klingt etwas grob.

Oxana: Aber was hat eigentlich eine Wurst mit «gleichgültig» zu tun? Das finde ich sonderbar.

Petrenko: Die Wurst hat zwei Enden. Ist es Ihnen nicht gleich, an welchem Ende Sie zu essen beginnen?

Oxana: Doch. Ach so, darum. Jetzt ist mir ein Licht aufgegangen[242].

7) Wenn etwas weder Salz noch Schmalz hat[243]...

Oxana: Nun sagen Sie mir ehrlich, Herr Bruck: nicht wahr, eine Sprache ohne volkstümliche Redewendungen hat weder Salz noch Schmalz. Habe ich Recht? Warum haben künstliche Sprachen keinen Erfolg? Weil sie keine Redewendungen enthalten, also weder Salz noch Schmalz haben. Ist das richtig?

K u r t: Sie haben nicht unrecht. Aber — immer das gleiche «Aber» — was nützen Redewendungen, wenn man sie nicht richtig gebrauchen kann?

Oxana: Ich sehe, Sie wollen schon wieder Salz auf meine Wunde streuen[244] ... Und ich dachte, daß wir gute Freunde sind.

K u r t: Das sind wir.

Oxana: Wir haben doch schon einen Scheffel Salz zusammen gegessen[245]. So kann man doch sagen, nicht wahr?

H e r t a: In vier Tagen kann man auch zu dritt keinen Scheffel Salz essen! Wenn wir einmal mehrere Jahre miteinander bekannt sein werden, ja, dann können Sie so sagen. Mit dem Salz muß man immer vorsichtig sein. Man darfnicht zu viel davon in die Speisen hineintun. Wissen Sie übrigens, was das heißt: «jemandem die Suppe versalzen»?

Oxana: Ja, das weiß ich. Ukrainischsagtmanauch: насолитикому-небудь, das heißt: зіпсувативсюсправу, напакостити...

H e r t a: So, jetzt wird mir aber schon schlecht von dem vielen Salz. Vielleicht gehen wir zu etwas Süßem über? Zum Beispiel, zu einem Apfel? Hier stehen ja gerade Äpfel. Bitte, bedienen Sie sich[246]!

8) Von Äpfeln, Kirschen und Nüssen

Petrenko: Wer weiß, ob sie alle süß sind? Vielleicht ist ein saurer dabei? Oxana, wissen Sie, was das heißt, «in den sauren Apfel beißen[247]»?

Oxana: Ja. Etwas tun, was man nicht gern tut, gegen den eigenen Willen. Süße Äpfel hat jeder gern, saure aber niemand. In grüne, unreife, saure Äpfel will niemand hineinbeißen. — Übrigens sehe ich gerade, daß Sie auch Kirschen hier haben, liebe Herta. Darf ich mir nehmen? Und darf ich den anderen anbieten? Nur Ihnen biete ich keine an, Herr Bruck, denn mit Ihnen ist nicht gut Kirschen essen[248].

K u r t: Oho, den Ausdruck kennen Sie auch? Aber warum ist mit mir nicht gut Kirschen essen? Ich habe doch einen ganz friedlichen Charakter?

Oxana: Vielleicht für andere. Aber ich muß immer auf der Hut sein[249], damit ich keine Fehler mache, sonst spotten Sie. Na, warten Sie, wenn wir uns einmal wiedersehen, werden Sie anderer Meinung sein. Hier heißt es «abwarten und Tee trinken[250]». Die deutsche Sprache ist zwar für mich eine harte Nuß, aber ich werde diese Nuß schon knacken [251]! Aber zurück zu den Kirschen! Warum sagt man eigentlich so: mit ihm ist nicht gut Kirschen essen?

K u r t: In einer alten Chronik steht geschrieben: «Wer mit großen Herren Kirschen ißt, dem werfen sie die Steine ins Gesicht.»

Petrenko: Ja, die großen Herren waren zu allen Zeiten Feinde des Volkes.

9) Kann Kurt wie Milch und Blut aussehen[252]?

A u t o r: Es ist spät geworden. Höchste Zeit, daß wir uns verabschieden.

Oxana: Bitte, noch einen Augenblick! Wir haben ja das Wichtigste vergessen: die Milch! Wer weiß etwas mit «Milch»?

K u r t: Das ist nicht schwer. Sie sehen aus wie Milch und Blut, Oxana.

Oxana: Heißt das, ich habe ein blühendes Aussehen? Das kann man von Ihnen auch sagen, Herr Bruck. Sie sehen auch aus wie Milch und Blut.

K u r t: Jetzt haben Sie aber einen Bock geschossen[253], Oxana. Zu mir paßt das nicht. Dieser Vergleich wird fast nur auf junge Mädchen und Frauen oder auf Kinder angewendet. Also nochmals — Vorsicht mit den Redewendungen! Sie, Oxana, haben diese Vorsicht nötig wie das liebe Brot[254].

 

Fünfter Tag

 

KUYIW TREIBT SPORT

 

Man muß der Wahrheit die Ehre geben[255]: alles, was Oxana macht, macht sie gut und gründlich und tüchtig. Das gilt auch für[256] die tägliche Morgengymnastik. Jeden Morgen springt sie aus dem Bett, schaltet das Radio ein, öffnet das Fenster und macht mit großer Energie Turnübungen. Dann nimmt sie eine kalte Dusche und fühlt sich frisch und wohl für den ganzen Tag.

 

  1. Episode: UNTER FREIEM HIMMEL[257]

Vom Stadion gehen Sie zum Strand am Dniprosufer. An Ort und Stelle angekommen, begann Kurt sofort zu filmen. Herta mußte ihm zwar wie immer mit Rat und Tat[258]Hilfe leisten, fand aber doch Zeit, mit Oxana ein paar Worte zu wechseln.

Oxana: Was für eine Hitze! Ich bin in Schweiß gebadet[259]. Heute ist das rechte Badewetter[260]. Sehen Sie, wie fröhlich die Menschen hier baden! Wollen Sie nicht auch ein Bad wagen?

H e r t a: Ich habe heute früh im Hotel schon ein Bad genommen[261]. Außerdem haben wir jetzt einfach keine Zeit zum Baden. Können Sie schwimmen?

Oxana: Ja, ich schwimme nicht schlecht, im Schwimmbad, in einem Fluß, im Meer. Und auch im übertragenen Sinn.

H e r t a: Wieso im übertragenen Sinn?

Oxana: Na, z. B. wenn ich sehr glücklich bin, schwimme ich im Glück[262], und wenn ich traurig bin und weine, schwimme ich in Tränen[263].

H e r t a: Ach so, natürlich, die Redensarten mit «schwimmen»! Das Wichtigste haben Sie aber vergessen. Wenn jemand über irgendeine Sache eine andere Meinung hat als die Mehrzahl seiner Kameraden und diese Meinung hartnäckig verteidigt, wie nennt man das?
Oxana: Keine Ahnung[264].

H e r t a: Er versucht, gegen den Strom zu schwimmen[265]. Das ist schwer, und meistens gelingt es nicht.

Oxana: Gegen den Strom schwimmen ... Wie im Ukrainischen! Das muß ich mir aufschreiben! Aber sagen Sie mir bitte noch eins: im Ukrainischen sagt man von einem Schüler oder Studenten, der keine gründlichen Kenntnisse hat, aber beim Examen doch irgendwie antwortet: вінплаває. Gibt es das auch im Deutschen?

H e r t a: Gewiß. Er schwimmt. Ein Schauspieler, der seine Rolle schlecht gelernt hat, schwimmt.

 

2. Episode: OXANA BEKUNDET INTERESSE FÜR DAS SCHACHSPIEL

 

Schachspiel ist auch Sport, nicht wahr? Es ist charakteristisch für Kyjiw und für die ganze Ukraine, daß hier jung und alt[266] Schach spielt.

H e r t a: Kurt ist ein leidenschaftlicher Schachspieler.

Oxana: Dann kann er mir bestimmt ein paar Redewendungen mit «Schach» mitteilen. Ich werde ihn darum bitten.

H e r t a: Das kann ich auch. Aus dem Schachspiel stammt z. B. der Ausdruck «jemanden in Schach halten[267]». Beim Schachspiel wird der «König» des Gegners in Schach gehalten, im Leben — Menschen oder Tiere, die für uns gefährlich werden können, wenn wir sie nicht «in Schach halten». — Aus dem Schachspiel stammt auch die Redewendung «jemanden matt setzen[268]». Wenn der «König» des Gegenspielers matt gesetzt wird, ist das Spiel zu Ende. So auch im Leben. Wer matt gesetzt wird, kann nichts mehr zu seiner Verteidigung unternehmen, alles ist umsonst.

Oxana: Wie schrecklich!

H e r t a: Es muß nicht unbedingt im Kampf, im Krieg sein. Es kann auch in einem Wortstreit vorkommen, daßeiner nichts mehr sagen kann... Das heißt, die anderen haben ihn mattgesetzt.

Oxana: Vielen Dank für die zwei schönen Redewendungen, «in Schach halten» und «matt setzen»!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

REDEWENDUNGEN

 

1. Es ist hohe (или höchste) Zeit — Давнопора

2. wie es auch heißt — як мовиться

3. sich in die Federn machen (legen) — лягати спати

4. einenFilmdrehen — знімати фільм

5. Wer... könntedainFragekommen? — Про кого… може йти мова?

6. einGedankefährt (schießt, geht) mirdurchden Кoрf — думка пронеслась у мене в голові

7. jemanden (etwas) imAugehaben — мати на увазі кого-небудь (що-небудь)

8. Bist du noch nicht in den Federn? — Ти ще не лягла?

9. bekanntmachen — познайомити

10. einSteckenpferdhaben — захоплюватисяякоюсьсправою

11. (Es ist) kein Wunder..., daß — Недивно..., що

12. (Das) kommtnichtinFrage! — Про це неможе бути й мови! (Ні в якомуразі!)

13. jemandemAngstmachen (einjagen, einflößen) — нагнатистрахунакогось

14. sich aufs hohe Roß (Pferd) setzen — величатися

15. wichtig tun (sich wichtig machen) — величатися

16. Sosólalá! или Es geht! (разг.) — Так собі, не погано.

17. dieSachedrehen (разг.) — впоратися з чим-небудь

18. großeAugenmachen — робитивеликіочі (відздивування)

19. Regie (lies: re:'ži:) führen — бути режисером

20. es kam zu einem Zwischenfall — стався інцидент

21. die Flinte ins Korn werfen — капітулювати, здатися

22. indieTintegeraten — потрапитивхалепу

23. alles (ist) inButter (разг.) — всейдеякпомаслу

24. UnserWeizenwirdblühen. — Всебудедобре.

25. inAngriffnehmen — (енергійно) взятисязащось

26. in Fluß kommen — налагоджуватися

27. Da hört aber die Gemütlichkeit auf! — Це вже занадто!

28. Das schlägt dem Faß den Boden aus! — Це переходить всі границі!

29. Alle durch die Bank – всебезвиключення

30. alleHändevollzutunhaben — бути зайнятим по горло, клопоту повна голова

31. KeineUrsache! — Немаєзащо!

32. Platznehmen — сідати

33. fließendsprechen — швидкоговорити

34. Hilfeleisten — надаватидопомогу

35. Manhörtbeides. — Говорятьіте, іінше.

36. denAnfangmachen — започаткувати, починати

37. das Frühstück einnehmen (zu sich nehmen) — снідати

38. KeinAber! — Без заперечень!

39. demFssenzusprechen — їсти з апетитом, налегати на їжу

40. wie aus dem Ei gepellt (geschält) aussehen (sein) — бути одягненим з голочки

41. ein Brett vor dem Kopf haben (разг.) — бути дурним, тупим

42. sich gleichsehen (gleichen) wie ein Ei dem andern — бути схожим як дві каплі води

43. alles (ist) inButter (разг.) — все йде як по маслу

44. Hilfe! — тут: Караул!

45. jemanden durch den Kakao ziehen — жартувати, кепкувати з когось

46.  ein Buch mit sieben Siegeln — книгазасімома печатками

47. Im übertragenen Sinn — в переносному значенні

48. Das ist orientalische Mythotogie. — Це із східної міфології.

49. imBildesein — бути в курсісправи, бути інформованим

50.  sich alle Mühe geben — докладати всіх зусиль

51. alle Hebel in Bewegung setzen — натиснути на всі кнопки

52.  jemandem behilflich sein — допомагати комусь

53. KeineSpur! — Нічогоподібного!

54. aufSchustersRappen — пішки, насвоїхдвох

55.  Das ist ja allerhand! — Нуіну! Осьцетак!

56. aufundab — вверхівниз, тудиіназад

57. dasverschlägtmirdieSprache (dieRede) — явідцьоговтрачаюдармови; вменевіднімається мова

58. seinblauesWundererleben — надивитися чудес, наслухатися небелиць

59. Tränenlachen — сміятися до сліз

60. Hals- undBeinbruch! — Ні пуху, ні пера!

61. zu hören bekommen (zu Gehör bekommen) — чути

62. sich nichts entgehen lassen — нічого не упускати

63. ganzOhrsein — уважноприслухатися

64. sich in Schweigen hüllen — таємниче мовчати

65. imGegenteil — навпаки

66. jemandemeinenBärenaufbinden — розповідати кому-небудь небилиці, обманювати когось

67.  Nicht im geringsten. — Ні в якому разі.

68. eineLanzebrechen (einlegen) fürjemanden — виступативінтересахкого-небудь, заступитися за кого-небудь

69. einfeinesOhrfüretwashaben — швидкосприймати (помічати) щось

70.  die Ohren spitzen — нашорошити вуха

71. jemandeminsWortfallen — переривати когось, перебивати

72. jemandenbeimWortnehmen — вимагати від когось виконати обіцяне; зловити когось на слові

73.  das Wort brechen — порушити обіцянку

74.  Weiter im Text! — Продовжуємо! Далі!

75. Hilfeleisten — надаватидопомогу

76. Beistandleisten — надаватидопомогу

77. Unterstützung (Beistand) angedeihenlassen — надаватидопомогу

78. selbst auf die Gefahr hin, daß — не зважаючи навіть на те, що

79.  es handelt sich um — справа (мова) йде про…

80. Pläneschmieden — будувати плани, задумувати щось

81. kreuzundquer — уздовжівпоперек

82. kurzundbündig — короткоіясно

83.  Saft und Kraft geben — надавати велику силу

84.  Abschied nehmen — прощатися

85.  Sorge tragen für etwas — потурбуватися про щось

86. jemandem einen Gefallen tun — зробити послугу кому-небудь

87. dasSchlaraffenland — казкова країна, де біля кисільних берегів течуть молочні ріки

88. Wie hoch sind Ihre Forderungen? — Як оплатити Вашу працю?

89. das Kommando führen — командувати

90. Schluß machen — закінчувати

91.  Das liegt im Bereich des Möglichen. — Це в межах можливого.

92. seinenMannstehen — вмітипостоятиза себе; не вдаритиобличчям в багно

93.  Es kam zu einem Gespräch. — Зав’язаласьбесіда.

94.  jemandem Honig um den Bart schmieren — лестити кому-небудь

95.  einen Imbiß zu sich nehmen (einnehmen) — закушувати

96. sichmitHändenundFüßenwehren — відбиватися руками і ногами

97. unterallerKanone — нижче будь-якої критики

98. Punktneun — рівно о дев’ятій

99. von Interesse sein — представляти інтерес

100. an Stelle von — замість

101. Eindruckmachenaufjemanden — справлятивраження на кого-небудь

102. im Ernst — серйозно

103. im Freien = unter freiem Himmel — під відкритимнебом

104. esvergingihmHörenundSehen — уньогоголовапішлакругом; вінсторопів

105. ausdem Ärmelschütteln — сипатидостаткуякзрогу

106. eineGelegenheitbietetsich — трапляєтьсянагода

107. dieGelegenheitbeimSchopfefassen — скористатисядоброюнагодою

108. einwaschechterDeutscher — справжнійнімець

109. sich (Dat.) nichtvielausetwasmachen — нецікавитисячим-небудь; бутибайдужимдочогось

110. zurBühne (gehen) wollen — бажатиіти на сцену, стати актором (актирисою)

111. jemandemdenKopfwaschen — «намилитиголову» комусь; датипрочуханкукомусь

112. Abstandnehmenvonetwas — відмовлятисявідчогось

113. Ich habe es mir anders überlegt — Я передумал(а).

114. einen Gedanken aufgeben — відмовлятися від думки

115.  sich auf den Weg machen — вирушати в дорогу

116. (nichts) mitetwaszutunhaben — нематиніякоговідношеннядочогось

117. dasKindmitdemBadeausschütten — «разомзводоювилитийдитину», перестаратися

118. Vergnügen bereiten (machen, gewähren) — приносити задоволення

119. in einem fort — безперервно

120. Da haben wir den Salat! — Ось тобі й на! Ну і сюрприз! Дозвольте порадіти!

121. jemandem eine Suppe einbrocken — заваритикашу

122. das paßt wie die Faust aufs Auge — це підходить як корові сідло

123. das war hier nicht der Fall — в даному випадку це не так

124. Unannehmlichkeiten bereiten — створювати неприємності

125. Schaden leiden (zu Schaden kommen) — постраждати

126. davonweiß icheinLiedzusingen — процеяможудещорозказати

127. DaraufkannstduGiftnehmen! — Вцьомутиможешнесумніватися!

128. 1 den Verlauf nehmen = verlaufen — протікати

129. in großen Zügen — в загальних рисах

130. sein Talent vergraben — закопати свій талант

131.  Kritik üben = kritisieren — критикувати

132. fertigwerdenmitetwas — впоратисязчимось

133. dasTalent — талант — в давнину сама велика грошоваодиницяна БлизькомуСході (близько 1500 руб. сріблом)

134. eineSeereiseantreten — відправитися в морськуподорож

135. es handelt sich umмова йде про

136. Hans Sachs (1494 — 1576), deutscher Dichter; schrieb Fabeln, Parabeln, Karnevalsspiele; war Schuhmacher in Nürnberg.

137. Фауст, ачстинаII, діяI, вірш 4977 і сл.: «Вони стоять навколоскрабу і дивуються. Не вірять, щознайшли великий скраб. Однібазікають про чари, інші – про чорну собаку».

138. DasgehtaufkeineKuhhaut! — Ценечувано! Цезанадто! Це переходить межідозволеного!

139. Interessezeigen (haben или an den Tag legen) — виявляти інтерес

140. sich lustig machen über jemanden — висміювати когось

141. Protesteinlegen (erheben) — виявляти протест

142. Jetzthat's 13 geschlagen! — це вже занадто! Ну і ну!

143. zumSchreibendienen — використовувати для письма

144. MeinvollerErnst! — Абсолютно серйозно!

145. jemandem ein X für ein U vormachen — замилювати очі комусь

146. jemandem (Geld) schuldig sein — заборгувати комусь (гроші)

         (Was bin ich Ihnen schuldig? — Скільки я Вамзаборгував?)

147. zu Ende gehen — закінчуватися

148. ein Ende nehmen — закінчуватися

149. nichtwahr? — чи не так?

150. einer Sache (Dat.) ein Ende machen — закінчити щось

151. letztenEndes — в кінцевомурахунку; зрештою

152. ausdemSchlafauffahren — зляканопідхоплюватисязі сну

153. zurRuhekommen — заспокоїтися

154. ausdemSchlaffahren — раптовопрокинутися

155. Licht machen — вмикати світло

156. Er ist nicht von gestern. — Він не дурний. Він досвідчена людина

157. dieBilanzziehen — підводити підсумок

158. etwas auf dem Herzen haben — мати щось на душі

159. sich ein Herz nehmen — набратися хоробрості

160. mit etwas hinter dem Berg halten — приховувати щось (думки, планиі т. д.)

161. in erster Linie — в першу чергу

162. Spaß machen — жартувати

163. derTeufelistlos — пішла метушня; тут сам чорт ногу зломить

164. dieGelegenheitergreifen —скористатисядоброюнагодою

165. denVorsitzführen — головувати

166. jemandemfreieHandlassen (geben) — надаватикомусьсвободудій

167. zurDiskussionstellen — поставитинаобговорення

168. sich (Dat.) im klaren sein über etwas (Akk.) — мати ясне уявлення про щось

169. jemandemaufdenZahnfühlen — намагатисявивідатиукогосьщось

170. imAuge (be)halten — невтрачатизполязору

171. ein Dorn im Auge — більмо на оці

172. an (bei) den Haaren herbeigezogen — притягнуте за волосся

173. das Haar steht mir zu Berge — у меняволосся стало дибки

174. Sie haben gut lachen. — Вамдобре сміятися.

175. sichnichtsgefallenlassen — не давати себе в образу

176. Haarelassen — постраждати

177. etwasaufdieleichteAchsel (Schulter) nehmen — не сприймати щось серйозно

178. HandaufsHerz! — відвертокажучи (положивши руку на серце)!

179. insHerzsehen — зазирнути в душу

180. offengestanden — відвертокажучи

181. das Herz auf dem rechten Fleck haben — бути справжньою людиною

182. sich etwas zu Herzen nehmen — сприймати щось близько до серця

183. etwas übers Herz bringen — зважитися на щось

184. mit ganzem Herzen — цілком, всією душею

185. Das hat Hand und Fuß. — В цьому є толк.

186. von langer Hand vorbereiten — довго готувати

187. auf dem Holzweg sein — помилятися

188. aus dem Stegreif sprechen — говорити без підготовки

189. den Nagel auf den Kopf treffen — потрапити в точку

190. ins Schwarze treffen — потрапити в точку

191. den Vogel abschießen — потрапити в точку

192. er (sie) ist schon aus den Federn — він (вона) вжевстав(ла)

193. keine Arbeit scheuen — небоятися роботи

194. dieArbeitschwänzen — прогулювати

195. blaumachen — не виходити на работу (після свят)

196. sich an etwas machen — взятися за щось

197. aus der Schule plaudern (schwatzen) — розголошувати таємницю

198.  Es ist Zeit. — час настав.

199. sich auf den Weg machen — вирушати в дорогу

200. in etwas Bescheid wissen — розбиратися в чому-небудь

201. am Leben sein – жити

202. ums Leben kommen – загинути

203. sichinsZeuglegen – завзято взятись за справу

204. JedenTagKartoffelsuppe! — Кожен день одне і те ж!

205. zum Hals heraushängen (herauswachsen) — огиднути, набридати

206. dasStichwortgeben — назвати ключове слово

207. dieKartoffelnase — нос картоплиною

208. dasistaufmichgemünzt — це камінчик в мій город

209. Durchausnicht. – Нітрохи! Ні в якому разі! Нічого подібного!

210. KeineSpur. — Нітрохи! Ні в якомуразі! Нічогоподібного!

211. Nichtimgeringsten. Нітрохи! Нівякомуразі! Нічогоподібного!

212. jemandemdenHandschuhhinwerfen — кинутирукавичкукому-небудь, кинутивикликкомусьвобличчя

213. denHandschuhaufheben — підняти рукавичку, прийнятивиклик

214. Käse (Kohl) reden — говоритидурниці

215. Spaß machen — жартувати

216. Da haben wir den Salat! — Осьтобі й на! Ну і сюрприз! Дозвольте порадіти!

217. sich nicht aus der Ruhe bringen lassen — зберігати спокій

218. das Durcheinander — безлад, плутанина

219. der (das) Kuddelmuddel – хаос, безлад

220. dasTohuwabohu – хаос, безлад

221. dasEidesKolumbus — Колумбове яйце (означає вихід із ситуації, дотепне вирішення питання)

222. Dasist (war)keinKunststück! — Невелика мудрість! Подумаєш, яке діло!

223. Dasist (war) keinKunststück! — Невеликамудрість! Подумаєш, якеділо!

224. hätte ... machenkönnen (Konjunktiv) — мігбизробити

hätten ... tun können (Konjunktiv) — моглиб зробити

225. erkannihmnichtdasWasserreichen — несумісний рівень (він йому в підметки не годиться)

226. Heureka! — Еврика! (гр. Знайшов, згадав!)

227. FrischeFischeguteFische. (Прислів’я.) — цінне те, що свіже й нове.

228. böseseinaufjemanden (илиjemandem) — сердитисянакогось

229. kleineFische — дрібниці, незначнісправи

230. fauleFische — порожнівідмовки, обман

231. einerSache (Dat.) aufdenGrundkommen (gehen) — вникнутивсутьсправи

232. stumm wie ein Fisch — німий як риба

233. wederFischnochFleisch — ні риба ні м’ясо; ні те ні се; ні два ні півтора

234. sichinseigeneFleischschneiden — прорахуватися; надрубати гілку, на якій сидиш

235. esstandfest, daß — було вирішено, що; тут: я вирішила що…

236. Friseuse (lies: [fri'zø:z∂]) lernen — вчитися на перукаря

237. Sitzfleischhaben — бути посидючим; keinSitzfleischhaben — бути непосидючим

238. OhneFleiß keinPreis. (Прислів’я.) — Треба нахилитися, щоб з криниці води напитися.

239. Fleiß brichtEis. (Прислів’я.) — Терпінням і працею всього здобудеш.

240. das ist ihm in Fleisch und Blut übergegangen — це увійшло йому в плоть та кров

241. DasistmirWurst! — Мені всеодно! Менібайдуже!

242. Mir (ihm) ist ein Licht aufgegangen. — Я нарешті зрозумів

243. wederSalznochSchmalzhaben — бути позбавленим найголовнішого

244. jemandemSalzaufeineWundestreuen — сипати комусь сіль на рану; зачепити когось за живе

245. einenScheffelSalzzusammengegessenhaben — з’їсти з ким-небудь пуд солі; бути давно знайомими

246. Bedienen Sie sich! — Будь ласка, візьміть!

247. indensaurenApfelbeißen — підкоритисяволі, змиритися

248. mitihm (ihr) istnichtgutKirschenessen — зним (знею) небезпечноматисправу; йому (їй) пальцявротнеклади

249. aufderHutsein — бутинапоготові, насторожі

250. Abwarten und Tee trinken! — Поживемо, побачимо!

251. eineharteNuß knacken — розкусити твердий горіх; вирішити важку задачу

252. wieMilchundBlutaussehen — мати гарний вигляд; молоко з кров’ю

253. einenBockschießen — дати маху

254. etwasnötighabenwiedasliebeBrot — потребувати чогось так, як хліба насущного

255. der Wahrheit die Ehre geben – визнатиправду

256. Das gilt auch für – Цевідноситьсятакождо…

257. unter freiem Himmel — під відкритимнебом

258. mit Rat und Tat — словомі ділом

259. inSchweiß gebadetввесь (вся) в поту, обливаючись потом

260. dasrechteBadewetter — найкраща погода для купання

261. einBadnehmen — приймати ванну

262. imGlückschwimmen — насолоджуватися, розкошувати

263. inTränenschwimmen — заливатисяслізьми

264. KeineAhnung. — не маю уявлення

265. gegendenStromschwimmen — плаватипротитечії

266. jung und altстарий і молодий

267. jemandeninSchachhalten — триматипідпостійноюзагрозою кого-небудь; не давати кому-небудьздійснитищосьнедобре

268. jemandenmattsetzen — знешкодити кого-небудь; нанести будь-комуповноїпоразки.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Literaturverzeichnis

  1.     Вишневська Н.В. DeutschfürFrenstudenten / Вишневська Н.В., Захаров Ю.М., Онуфрієва Л.А. – Кам’янець-Подільський: Абетка-НОВА, 2003, 224с.
  2.     Довідник з граматики німецької мови. – Тернопіль: підручники і посібники, 2010. – 256 с.
  3.     Дорофєєва Ж.В. Німецька мова. Посібник для студентів немовних спеціальностей. /Дорофєєва Ж.В., Луговська І.Б.  – Кам’янець-Подільський, 2007, 176с.
  4.     Новий німецько-український та українсько-німецький словник. – Харків.: «ДИВ», 2008. – 576с.

 

 

 

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